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Datum: 27.12.2013

Zurück Zuhause Festival 2013

Hashtag, Baby!

Bielefeld (mer)    Ein Festival zum Jahresausklang im Ringlokschuppen ist bereits liebgewonnene Tradition. Sowohl für die Besucher als auch für den Künstler haben sich in diesem Jahr sicherlich einige Deja-Vü Effekte ergeben. Aber wie uns das Weihnachtsfernsehprogramm lehrt, ist dies nur auf eine Veränderung in der Matrix zurückzuführen. Und somit feiern wir zum dritten Jahr in Folge mit Casper ein Heimspiel im RLS. Dabei ist es doch egal ob auf dem Backdrop "GHVC-Festival", "Willkommen Zuhause Festival" oder eben wie in diesem Jahr "Zurück Zuhause Festival" steht. Der Extertaler Rapper weiß auch 2013 zu begeistern.

Zurück Zuhause: Lokalpatriot Casper - Foto: Mark Haake

Das Konzept der Festival-Reihe sieht so aus, dass gestandene Künstler in ihrer jewe
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Zurück Zuhause Festival auf Einsplus
iligen Heimatstadt als Paten fungieren und zum Jahresausklang befreundete Bands und Sänger mit auf die Bühne einladen. Die Heads für 2013 sind Cro in Schwäbisch Gmünd, Miss Platnum in Berlin, Thees Uhlmann in Lat: 53.7 Lon: 9.11667 und eben Casper in Bielefeld. Neben einer handvoll Sponsoren hat man mit EinsPlus auch noch einen TV Sender mit an Bord, welcher in einer Art Konferenzschaltung das ganze Procedere auch noch ins Internet und in die Welt des digitalen Sparten-TVs überträgt. So kann man dann doch überall sein, obwohl man keins der begehrten Tickets bekommen hat.

Das Bielefelder Programm bot neben seinem Headliner Casper den momentan nicht weniger erfolgreichen Rapper Alligathoa, den Schnulzensänger Dagobert und die "Staatsfeinde" von Feine Sahne Fischfilet. Und wo Casper im Line Up steht, da hängt auch bald ein "Ausverkauft"-Schild an der Tür – so auch im Bielefelder Ringlokschuppen 2013.

Der Mann aus dem Fernsehgarten

Den Start machte dann Dagobert, der Schnulzensänger aus den Bergen. Seine Presseinfo liest sich wie folgt: Angeblich hat Dagobert Jäger nach der Schule als Penner gelebt, ist im Probenraum bei Freunden auf die Musik gekommen, schrieb erste Songs geschrieben, versoff das Geld eines Kulturpreises in Berlin, lebte dann fünf Jahre in einer Schweizer Berghütte fernab der Zivilisation, ging mit 100 Songs zurück nach Berlin und brachte schließlich sein Debüt-Album raus. Und das positioniert sich irgendwo zwischen Schlager und Synthiepop. Er liebt die Scorpions, die Flippers und Hank Williams - und irgendwie hört man das alles raus.

Wem sich jetzt schon beim Lesen der Referenzen das musikalische Gehör verknotet, der kann sicherlich mit Dagobert und seiner Musik wenig bis gar nichts anfangen. Das Bielefelder Publikum zeigte sich allerdings ungewöhnlich aufgeschlossen und feiert den Hipster-Schlager von Dagobert vom ersten Takt an und freute sich, dass man diesen Sänger bereits im ZDF-Fernsehgarten gesehen hatte. Eine Toleranz, die Slime 2012 nicht wiederfahren ist, welche diese allerdings deutlich eher verdient hätten.

Erneut ein interresanter Genremix

Und damit sind wir bei den Slime-Nachfolgern dieser Ausgabe. Die politische Ska-Punk Band Feine Sahne Fischfilet lässt ihr Jahr ebenfalls im Bielefelder Ringlokschuppen ausklingen und bläst spätestens 2014 zum Großangriff auf die deutsche Festivallandschaft. Dass dieser einem Triumphzug gleichen wird, dürfte spätestens jedem Zuschauer des heutigen Abends klar geworden sein. Passt die Band schon rein genremäßig nicht in den Ablauf des Abends, können sie dennoch begeistern und das vordere Drittel der großen Halle in einen gut gelaunten springenden Moshpit verwandeln. Zwischen den Songs nutzt Sänger Monchi immer wieder die Bühne für klare politische Statements und den Fingerzeig auf gesellschaftliche Missstände.

Zu viel Hype - nochmal

Es mutet äußerst ironisch an, wenn Casper mit in seinem Song "Die letzte Gang der Stadt" die Zeile "Zu viele Scheiß Bands – Zu viel Hype" skandiert und dann neben dem künstlich gehypten Dagobert auch noch den Hype 2013 ins Line Up bestellt. Alligatoah – seines Zeichens selber Nummer 1 Rapper aus deutschen Landen mit zwei der größtern Jugendradiohits des Jahres im Gepäck. Wie bei vielen anderen Künstlern seiner Schaffenszunft, wird Alligatoah auch nicht von einer Live-Band begleitet. Die musikalische Untermalung kommt zu 90% vom Apple und der Künstler konzentriert sich während seines Gigs vollkommen auf sein Musiktheater. Schnell wird deutlich, warum er seinen Stil selbst als Schauspielrap bezeichnet und sich eher als agierender Schauspieler auf der Bühne betrachtet. Unterstütz wird sein Bühnenspiel von einigen wenigen aber klug gewählten Utensilien (Kinderwagen, Showtreppe, Gardrobenständer) und nicht zuletzt dem Buttler Boi Basti, welcher nicht nur als Stichwortgeber herhalten muss. Eingängige Melodien und witzige Wortspiele sind bei Alligathoa keine Seltenheit und trotz sparsamer Live-Instrumentierung gelingt es dem gebürtigen Niedersachsen, das Publikum, auch außerhalb seiner Single-Hits zum Mitmachen zu animieren. Dennoch bilden das "Trauerfeierlied" und "Wilst Du" die stimmungsvollen Höhepunkte im Set. Der schönste Moment im mit jungen Mädeln und begleitenden Eltern gefüllten Ringlokschuppen ist jedoch der, in welchem sich Alligatoah über seinen für Casper schwärmenden Buttler echauffiert und den Disput mit einem laut rausgeschrieenen "Dann Fick ihn Doch!" bzw. selbigem Song beendet.

Der Saal muss brennen

Um 21:50 heißt es dann Bühne frei für den Hauptact des Abends. Ein Ziehson der Stadt steht heute mal wieder auf der Bühne. Caspers Band eröffnet das Set mit dem Opener des neuen Albums "Im Ascheregen". Großertiger Song, geniales Intro – macht Bock auf mehr. Bitte schön – es folgt "Alles endet" und mit "Auf und davon" eine Art inoffzielle Bielefeld Hymne. Die Stimmung ist gut. Mitsingen klappt, springen auch, kreischen sowieso. Pogo und Mosh-Pit entfallen größtenteils mit Rücksicht auf kleinere (und jüngere) Menschen im Publikum. Das gesamte Set speist sich mit zwei Ausnahmen völlig aus den beiden neusten Alben der Bielefelder Hitmaschine. "So perfekt" wird dieses Mal in das Medley miteingearbeitet, die anderen bekannten Songs von XOXO werden jedoch allesamt in fast gewohnter Manier präsentiert. Heraus sticht jedoch "Lilablau". Kommt der Song auf dem Album doch eher unauffällig daher, sorgt er an diesem Abend jedoch für einen Gänsehautmitsingpart. Ganz im Gegensatz zu den alten und ewig gleichen Ansagen. Von den neuen Songs überzeugen vor allem "Im Ascheregen" und "Ganz schön okay". In der leider mit zwei Songs nur kurz ausgefallenen Zugabe sorgte dann schließlich noch "Jambalaya" (inklusive Live-Trompete) für einen würdigen Höhepunkt und Gesamtabriß im Publikum.

#ZZF

Am Ende des Abends steht jedoch ein zwiespältiges Resümee. Die Künstler haben ihren Teil für einen gelungenen Abend beigetragen, das Publikum jedoch blieb aus unserer Sicht einiges schuldig. Zum einen hatte man es an diesem Abend mit einem extrem jungen Publikum zu tun, eine Tatsache an der zunächst erst einmal nichts auszusetzen ist. Andererseits wirkte die ständige Filmerei mit Smartphones, Bilder per whattsapp verschicken oder nochmal schnell nen Tweet bei Einsplus absetzen, selten so störend wie an diesem Abend.

Scheinbar sind dies jedoch die Geister, die EinsPlus rief, als man beim Aufbau des Saals an jede Ecke den Hashtag des Abends „#ZZF“ gepinnt hatte. Und auch die Zuschauer vor dem Fernseher müssen doch wahnsinnig geworden sein, als sie die nicht sonderlich gehaltvollen Tweets über mehrere Stunden auf ihrem TV aufblitzen sahen.
Verfluchtes Medienzeitalter!

Ein junges Mädchen hat gar das komplette Konzert gefilmt – simultan mit gleich zwei Smartphones. Eines in der linken Hand, eines in der rechten. Beide Arme 70 Minuten in die Höhe gereckt. Vielleicht durfte ja eine Freundin nicht mit.


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Locations: Lokschuppen
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Datum: 27.12.2013

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