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Festival Les Ardentes 2017

Sean Paul, Placebo, Liam Gallagher und sehr, sehr viel Hip Hop.

Lüttich (sd)    Wenn etwas beim Festival Les Ardentes 2017im Vordergrund stand, dann war es Bass und besser noch mehr Bass, am besten ganz viel Bass und dann noch ein Bisschen mehr.
 


Highlight! Laura Pergolizzi aka LP performt mit charmanter Coolnes bein Festival Les Ardentes 2017. Foto: Sven A. Droste

Denn das Festival Les Ardentes (Impressionen, Bands) hat sich in diesem Jahr wieder etwas verändert. Zum einen ist es ein reines Open-Air-Festival geworden, und zum anderen hat es sich vom bunten Stilmix, bei dem alle Genres vertreten waren, zu einem Festival mit Hip-Hop Schwerpunkt gewandelt.

Placebo, LP, Liam Gallagher und ihre Genrekollegen sind scheinbar das kleine Gallische Dorf der Rockmusik auf einem von Beats regierten Festival. Das tut der Freude der Festivalbesucher natürlich keinen Abbruch, denn die sind ja wegen des Line-Ups gekommen und standen 2017 so einige Hochkaräter drauf. Wie in den vergangenen Jahren setzten die Macher wieder auf eine ausgeglichen Mischung aus nationalen, beziehungsweise frankophonen und internationalen Künstlern und so bekam man wieder Acts zusehen, die man in unseren Breiten gar nicht auf dem Zettel hat.

So war z.B. der Französische Rapper Booba (Fotos) der Headliner des ersten Festivaltages und die Begeisterung, die er während seines ersten Auftritts in Belgien im Publikum entfachte sucht schon seines Gleichen. Der im Pariser Banlieue geborene Élie Yaffa versteht es eine fette Show abzuliefern und sich dabei auch ausgiebig feiern zu lassen, einzig die Flasche Jackie, die er ganze Zeit mit sich über die Bühne schleppte, kann auf den ein oder anderen objektiven Beobachter etwas irritierend wirken. Wie auch immer, Booba beendete den ersten Tag mit einem amtlichen Abriss.

Was davor geschah, brauch sich aber in keinster Weise zu verstecken. Die US Rapper Gucci Mane und Young Thug (Fotos) sind wahrlich keine unbeschriebenen Blätter im Rap-Business. Gucci Mane (Fotos)gilt als einer der einflussreichsten Vertreter seines Genres in unserem Jahrhundert und Young Thug, dessen Ausstrahlung sich irgendwo zwischen Rockstar und Gangster bewegt, wissen wie der Hase läuft und wie man die Menschen zum bouncen bekommt, fette Bässe und fette Show.

Was die beiden Niederländer von Dope D.O.D. (Fotos) und der in Brüssel geborene Scylla (Fotos) auf der in diesem Jahr neu geschaffenen Wallifornia-Beach Bühne abliefern, steht dem was die amerikanischen Kollegen abliefern in nichts nach. Vor allem Scylla kommt mit seiner symphytischen Art großartig beim Publikum an. Zugegeben, der 1980 in Brüssel/Molenbeek geborene Künstler hat in der Wallonie einen klaren Sprachvorteil, denn er rappt in Französisch.

Auf der kleinsten Bühne des Festivals steht Jacques. Jacques (Fotos) ist auch für die, die nicht so auf Techno stehen sehenswert und das nicht nur wegen seines ausgefallen Äusseren. Jacques' Techno ist etwas anders, er legt auf, loopt, arbeitet mit Sampels, von allem etwas, so das sein Sound ein sehr aussergewöhnlich ist.

Als es dunkel wird, treten auf der größeren der beiden Open-Air-Bühnen die Band auf, die vermutlich den weitesten Weg hatte. Rüfüs (Fotos), kommen aus Australien und spielen entspannt zum Tanze auf. Die bei den rappenden Kollegen offensichtlich obligatorische Aggressivität in der Performance fehlt bei ihrem Auftritt komplett und ist eine kleine Erholung für die Sinne. Den Abschluss auf der Wallifornia-Beach Bühne macht der Slowene Gramatik, erlässt die Massen bis weit in die Nacht Tanzen.

Highlight des Freitags, fernab des Hip-Hop-Genres ist auf jeden Fall die amerikanische Sängerin und Komponistin Laura Pergolizzi, besser bekannt als LP. LP (Fotos) ist wieder ein tolles Beispiel wie unterschiedlich die Musikmärkte und auch die Geschmäcker in den verschiedenen Ländern sind. In Deutschland eher ein Geheimtipp ( ja, das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl ), erreichten das aktuelle Album und die Single Lost on You bei unseren Nachbar Gold-, Platin- und sogar Diamantstatus. LP ist auf der Bühne so unglaublich entspannt, sie gibt während ihres Auftritt sogar Autogramme auf T-Shirts, Caps und allem andern was sie so aus dem Publikum gereicht bekommt, sogar Selfies sind kein Problem. Nice, sehr nice!

Die Brüsseler BRNS (Fotos) und Piano Club vom Lütticher Label Jaune/Orange halten auf der kleinsten Bühne, der Rambla, die Fahne der klassischen Bandstruktur hoch. Gute Shows, lediglich die Positionierung der Stage ist nicht so gut gewählt. Sie liegt genau auf dem Durchgang der die beiden größeren Bühnen verbindet, so ist dort irgendwie immer Durchgangsverkehr, was den Konzertgenuss irgendwie stört.

Zurück zum Rap-Geschäft. Das wird am Freitag unter anderem von dem Brüsseler Roméo Elvis (Fotos) und Damso (Fotos), sowie den aus USA stammenden Rae Sremmurd (Fotos) und Desiigner (Fotos) geführt. Während Roméo Elvis und Damso eher etwas gechillt auf der Bühne agieren sieht das bei beiden Brüdern Swae Lee und Slim Jimmy (Rae Sremmurd) und Desiigner ganz anders aus. Die nehmen nach einer ausgedehnten Aufwärmfase des Publikums durch ihre DJs die Bühne im Sturm. Slim Jimmy geht sogar beim ersten Track erst einmal kopfüber im Publikum baden, wogegen Desiigner die erste Zeit "nur" auf Barrikade verbringt. Rae Sremmurd waren vor 2 Jahren schon einmal beim Les Ardentes, aber man muss neidlos zugestehen, dass die Brüder die vergangenen Jahre an Bühnenpräsenz nochmal zugelegt haben und eine erstklassige Show in Lüttich abliefern, Champagnerdusche und Fan-Selfies während der Show eingeschlossen.

Den Vogel, besonders was die Show angeht, schießt Sean Paul (Fotos) ab. Der alte Hase, mit dem bürgerlichen Namen Sean Paul Ryan Francis Henriques, schafft es vom ersten Augenblick an sein Hüftgold, bzw. seinen Hüftschwung an den Mann und die Frau zu bringen. Die Massen beim ersten Ton zum Ausrasten und springen zu bringen und ein festivalpublikum beim ersten Ton tanzen zu lassen und es auch bis zum letzten in bewegung zu halten, das sind echt noch zwei paar Schuhe. Der 44 jährige Jamaikaner ist eine Hitmaschine und wie im Jahr zuvor Pharell Williams, spielt er jeden seiner Trümpfe aus und Gewinnt damit als Headliner auf er Parkbühne jeden Stich. Vermutlich sind die Leute nach seiner Show auch noch bis ins Zelt getanzt.

Den Samstag, an dem so illustre Künstler wie Placebo, Tyga, Mac Miller, Warhouse und viele mehr aufgetreten sind, haben wir leiden nicht sehen können, aber man kann manchmal nicht alles haben, darum geht’s Kommentarlos mit den letzten Tag in Lüttich weiter.

Für den Auftritt des Gewinners der französischen Casting-Show Nouvelle Star (das ist das Französische DSDS) Julien Doré heißt es leider nur nationale, also belgische Presse. Somit haben wir leider kein Foto für dich, Julien und wo kein Bild, da auch keine Story, sorry. Das war im Übrigen auch die einzige Einschränkung beim ganzen Festival.

Kapriziösen wie diese hätte man bei Liam Gallaher (Fotos) erwartet. Der jedoch kommt völlig pünktlich auf die Bühne und gab eine richtig gute Show zum Besten. Natürlich hat e sich nicht zu Price Charming gewandelt, aber das wäre auch komisch, denn irgendwie erwartet man Liam auch grumpy und stoffelig. Ist er auch, aber auf eine nette Art. Er widmet Lieder verschiedenen Menschen im Publikum und haut natürlich auch die alten Oasis Hits raus. Der ein oder andere wir etwas enttäuscht sein, als der Auftritt des Britpopstars der 90er ohne Eskapaden über die Bühne geht, aber Don't look back in anger, es kommen auch wieder schlechtere Zeiten

Rapper Lil Yachty (Fotos), knapp 20 Jahre alt aus Mableton/USA, ist bei seiner Performance eher farblos bis uninspiriert, ihm fehlt dieser Drive, den seine Kollege an den vorangegangenen Tagen zeigten. Was diese schon als Quäntchen zu viel hatten könnte Miles Parks McCollum auf der Wallifornia-Beach Bühne gut gebrauchen. Oder ein bisschen von der Coolness, die Post Malone (Fotos) auf der gleichen Bühne, nur etwas später an den Tag legt. Posty, nur wenig älter als Lil Yachty, geht seine Show entspannt an, trinkt einen auf David Bowie und geht zwischen den Songs auf sein Publikum ein. Erzählt Gags und gibt sich weltmännisch. Irgendwie ein richtig guter Typ auf der Bühne. Vermutlich ist das auch ein Grund, warum er schon mit anderen grossen Namen aus dem Business zusammen arbeiten konnte.

Ja, so war das Festival Les Ardentes 2017, zumindest der Teil, den wir gesehen haben. Natürlich gab es noch viel mehr zu sehen und auf den verschiedenen Bühnen gleichzeitig, so dass man gar nicht alles aufschnappen kann. Im Vergleich zum letzten Jahr war auch weniger Polizei unterwegs, oder sie hat sich nicht so offensichtlich gezeigt. Nichtdestotrotz waren die Sicherheitsvorkehrungen wieder hoch, man ging mit Hunden über das Gelände, Taschen wurden gründlich kontrolliert und und und.

Publikum und Veranstalter waren jedenfalls zufrieden mit der 2017er Ausgabe des Festivals und das mit Recht, den 80.000 an den vier Festivaltagen sind ein absoluter Festivalrekord.

Wir sind gespannt, was im nächsten Jahr kommt, noch mehr Hip-Hop? Oder findet man wieder zu einem etwas heterogeneren Programm? Wir sind gespannt und warten mal auf die ersten Bekanntgaben für 2018.

(ph)
 

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