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Campus Festival #03

Casper zu Hause in seinem Stabielefeld

Bielefeld (as)    17.000 sind es dieses Mal gewesen, die erst der Hitze und dann dem Regen trotzten. Zur Belohnung gab es einen würdigen Headliner: Im Arminia-Shirt teasert Casper sein neues Album "Lang lebe der Tod" und vergisst darüber keineswegs sein bisheriges Œuvre. Highlights gab es außerdem vor allem auf der kleinen Bühne, wo Leoniden, Audio88 & Yassin sowie Adam Angst tüchtig servierten.

Casper spielt im Arminia-Trikot an seiner alten Alma Mater. Foto: Marcel Linke

Nun kann auch das Bielefelder Campus Fest bereits die dritte Kerze auf die Torte setzen. Doch trotz aller Erfahrung
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und regionaler Etablierung hat es nicht zum "Ausverkauft" gereicht, was sicher mehr dem Wetter als dem Headliner geschuldet war. Erneut sehr viel Pech für die Veranstalter, die mit einer Wasserstelle sehr gut auf die Hitze reagierten. An mehreren Hähnen konnten die Besuchenden ihre Trinkpacks wieder auffüllen und den Kreislaufkollaps verhindern. Eine sinnige Ergänzung für den Geländeplan. Eine andere Neuheit ist weniger überzeugend: Die Einführung der "Slam-Bühne" und deren gleichzeitige Verbannung ins Niemandsland des Geländes. Ein gutes Stück hinter der Hauptbühne, auf dem sozialen Feld gelegen, wurden die Bühne und auch der dazugehörige Biergarten weitgehend ignoriert. Doch das erweiterte Gelände brauchte, neben noch mehr Dixies, eine willkommene Entzerrung. Tatsächlich war es nun auch möglich für einen Moment dem Trubel zu entfliehen und sich eine Pause zu gönnen. Was nun auch nicht das schlechteste ist bei einem vollen Timetable.

Für einen Preis zwischen 17€ und 27€ wurden 5 Bühnen mit 15 Bands, 4 DJ-Sets und Singer-Songwriter-Slam (neu) sowie Poetry-Slam (nicht mehr ganz so neu) feilgeboten. Eine ganze Menge Musik, die eine Person alleine gar nicht bewältigen kann. Darum wird heute die "Hertz-Bühne" ausgespart. Auch weil dort dieses Jahr nichts berichtenswertes geschehen ist. Vom "Red Bull Elektro Floor" muss ein Musikmagazin ebenfalls nichts schreiben. Bleiben also die "Stereo-Bühne" und die Hauptbühne für die folgenden Zeilen übrig. The Lytics (Fotos) eröffneten den Tag mit etwas Hibidi Hop. Die Kanadier lieferten mit "The Friction" auch direkt den ersten hartnäckigen Ohrwurm. Weiter mit Manual Kant (Fotos) aus Landshut. Ein weiterer Ausläufer der Süd-Welle, die mit Bayrischen und Österreichischen Bands nach Bielefeld gespült wurden. "Die Kanten der Gier" zünden jedoch nicht bemerkenswert an diesem Tag. Ganz anders bei den Leoniden (Fotos), dir vor allem mit ihrer sagenhaften Spielfreude punkten können. Das aktuelle Album heißt verrückterweise "Leoniden" und ist einen Versuch wert, auch wenn der Hit "Nevermind" live noch mehr Spaß macht.

Zum ersten Mal wird es wild, als Itchy (Fotos) Run-D.M.C. covern. "It's Tricky" ist einfach ein Jahrhundert-Song und die Menge wedelt den Helicopter. Gekonnt werden etwas später Moshpit 1 und Moshpit 2 zu einem großen Moshpit fusioniert: gelungene Integration 2017 präsentiert von Itchy. Weit ruhiger geht es danach bei Lotte (Fotos) zu. Die junge Sängerin spielt Pop aus Zuckerwatte und Morgennebel. Das wirkt alles sehr vertraut aber irgendwie ausgeliehen. Wir werden sie bei den Parklichtern in Bad Oeynhausen noch einmal genauer beobachten. Zum Finale spielte sie natürlich die Single "Auf beiden Beinen", was doch zu einem schönen Festivalmoment wurde. Erneuter Genrewechsel und zurück zum Rap. Die Antilopen Gang (Fotos) hat jetzt eine ordentliche Band auf der Bühne. Der Müllberg ist verschwunden, was auch wieder schade ist. Aber die Band wird eben für einige Punkrock-Einlagen von "Atombombe auf Deutschland"gefordert. Leider prügelt "Anti Alles Aktion" eher handzahm daher und auch "Pizza" will ohne Bela B. einfach nicht richtig funktionieren. Zum Ausgleich bekommen wir ein Fatoni-Feature geschenkt. Toni ist dabei on fleek: Ehre wem Ehre gebührt. Die Hornträger brillieren mit den klassischen Qualitäten. "Beate Zschäpe hört U2" dringt zu den Fans durch und mit "Outlaws" gibt es einen starken Song zum Finale. Da noch etwas Zeit übrig ist, wird im wahrsten Sinne des Wortes schnell noch "Fick die Uni" in erhöhter Geschwindigkeit hinterhergeballert. Was ist die Uni?

Kleine Bühne, große Stimmung. Audio88 & Yassin (Fotos) zeigen eine beachtliche Show, die mit Begeisterung angenommen wurde: "Halleluja"! In klerikaler Montur und mit ausgefeiltem Bühnenbild, mit dicken Beats und viel Passion: Wie kann ein Publikum dann nicht am Start sein? Bielefeld war definitiv am Start und so wurde es einer der besten Auftritte des Campus Festes. Von Audio stammt im Übrigen auch das nette Stabielefeld-Wortspiel. Joris (Fotos) hingegen bewegte sich sehr weit oben auf der Max-Giesinger-Beliebigskeits-Skala. Darum auch nicht weiter schlimm, dass während seines Sets der Regen fiel. Gleich zwei mal kam es zum Platzregen. Es hätte schlimmer ausgehen können. Da kann Joris noch so viele Reggae-Parts einbauen, durch das allseitige Lob fehlt es ihm schlicht an Mut. Ganz anders Adam Angst (Fotos), die kräfig Arsch treten. Musikalisch und textlich aggressiv wird der mahnende Finger in fremde Augen gerammt. Bei Songs wie "Professoren" oder "Wir werden alle sterben" geht es dann auch vor der Bühne wild zu. Kein Wunder, wenn man bedenkt wie Sänger Felix und besonders Gitarrist David es ihnen vormachen.

Kommen wir zum Höhepunkt: Casper (Fotos) kehrte zurück an seine alte Lehrstätte, um es nochmal allen zu zeigen. Seine Heimatverbundenheit ist kein Geheimnis, trotzdem eine schöne Überraschung ihn hier im Arminia Bielefeld Fanshirt zu sehen. Auf der Bühne gibt er dann den gewohnt souveränen Headliner, der er durch jahrelanges Touren geworden ist. Er bedient dabei alte und neue Fans gleichermaßen. Neben den Mainstream-Durchbruch-Songs aus dem "Hinterland" (wie dem schon früh platzierten "Im Ascheregen", dem wunderschönen "Ariel" oder dem frechen "Jambalaya"), finden auch XOXO-Perlen ("Auf und Davon"; "Der Druck steigt/Blut sehen") und begrüßenswerterweise auch Klassiker ("Casper Bumayé" und "Mittelfinger hoch") ihren Weg in die Set List. Zudem wird ein Blick in die Zukunft versprochen. "Sirenen" und "Lang lebe der Tod" sind zwar schon bekannt, doch nun erlebe ich sie erstmals live. "Sirenen" funktioniert wie erwartet ausgezeichnet und das Publikum ist zufrieden. Aber wird es reichen? "Lang lebe der Tod" erscheint am 01.09.17 - dann werden wir klüger sein. Eine Enttäuschung ist dabei unwahrscheinlicher als ein weiterer großer Wurf. Denn heute hat Casper erneut gezeigt, dass man ihn auf dem Zettel haben muss.

In der Rückschau hat auch das Campus Fest #03 für viele kleine und große Musikmomente gesorgt. Umso größer die Freude, dass #04 nur noch Formsache ist. Auch wenn nicht wenige Besucher*Innen Bielefeld mit dem Coachella verwechselt haben, freue ich mich doch jetzt schon auf die nächste Runde. Stay Classy Campus Fest.

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