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Willkommen Zuhause Casper

Zurück Zuhause Festival erstmals über 2 Tage

Bielefeld (dd)    Drei Jahre schon feiert Casper die Rückkehr in seine Heimatstadt Bielefeld mit dem Zurück Zuhause Festival. In diesem Jahr fand es zum ersten Mal über zwei tage getreckt statt. Wie diese Neuerung im Ringlokschuppen ankam, wer sich dort alles das Mikrofon in die Hand gegeben hat und warum Bielefeld in Stabielefeld umbenannt wird, lest ihr hier.

Casper powert bei eigenem Festival Foto: Rune Fleiter

Wie gewohnt waren direkt zu Beginn des Vorverkaufs innerhalb weniger Minuten alle Karten vergriffen. Um die
Fotos vom Freitag
Fotos vom Samstag
steigenden Preise auf dem Schwarzmarkt zu verhindern wurden in diesem Jahr die Tickets limitiert und personalisiert verkauft. Grundsätzlich eine gute Idee, die aufgrund diverser gegensätzlicher Aussagen des Bookings leider einiges an Seriosität verlor.
Erst Wochen nach dem eigentlichen Beginn des Vorverkaufs gab es auch Tagestickets für den ersten Veranstaltungstag, am Samstag selber wurden „spontan“ noch einmal 50 Karten in den Vorverkauf geschickt.
Immerhin der Ringlokschuppen war voll.

Freitag am frühen Abend. Eine halbe Stunde nach Einlassbeginn treffe ich an der Location ein. Der Parkplatz ist wie leer gefegt.
Bin ich hier richtig?
Bin ich heute richtig?
Große Verwirrung.
Parken.
Handy checken.
Laut Krasserstoff stimmt alles. Datum, Zeit, Ort. Auto abstellen und rein in die Wärme.
So schnell war bin ich, trotz gründlicher Security, noch nie in einem Veranstaltungsort. So weit vorne, ein paar Minuten vor Swain, der ersten Band des diesjährigen Festivals, auch nicht.
Nur sieben Minuten vor beginn stelle ich mich in die zweite, und damit zeitgleich letzte Reihe vom Publikum.

Mit „We are a band called Swain!“ beginnt der Auftritt. Ich freue mich und bin (zumindest die ersten paar Takte) gefühlt die Einzige. Schnell füllt dich der Zuschauerraum mit den schätzungsweise 150 Besuchern.
Leer wirkt es, selbst für den kleinen Raum des Ringlokschuppens. 30 Minuten sind für Swain angesetzt, dass heißt 30 Minuten eine Mischung aus Mantar und Nirvana einer viel zu unbekannten Band aus Utrecht, 30 Minuten philosophische Weisheiten. „We all experience something, let’s do it together!“.
Hier ist auch der erste Verlust des Abends zu vermelden: eine der Gitarren verabschiedet sich.
Mit Swain endet auch der rockige Teil des Abends.

Kontrastprogramm bietet Voodoo Jürgens. Liegt es an dem Wienerischhype (siehe Wanda und Bilderbuch) oder seiner ganz eigenen, verschrobenen Art, die seinen Geschichten aus Wien erst so richtig Leben einhauchen.
Hier und da ein paar Lacher, eine richtig ausgelassene Stimmung mag noch immer nicht aufkommen.
Dass sich Casper als Host des Festivals bis jetzt nicht gezeigt hat verwundert und enttäuscht.

Mit Yung Hurn geht die musikalische Reise über Rock und Liedermacher weiter zu Rap.
Dass die meisten heute genau aus dem Grund da sind, zeigt sich deutlich. Arme wippen im Takt, Smartphones filmen jeden Schritt.
Erst nach dem dritten Auftritt des Abends zeigt sich der Gastgeber für wenige Sätze und verlässt die Location schneller, als er erschienen ist.

Der letzte Auftritt am Freitag vereint alle und verwandelt den Zuschauerraum in eine große Tanzfläche. Roosevelt machen Synth-Pop, der niemanden still stehen lässt.
Damit endet Tag eins eines Festivals, bei dem alle auf den zweiten Tag warten.

Im Vergleich zu dem leergefegten Umfeld um den Ringlokschuppen am Freitag, platzen Parkplatz und Einlass am Samstag aus allen Nähten.
Die zurückgelassenen schimmernden Rettungsdecken lassen erahnen, welche Szenen sich schon am Nachmittag dort abgespielt haben (Warteschlangen über Warteschlangen).
Vor der Bühne campieren Fans und obwohl die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen, ist es jetzt schon warm.

Yassin und Audio88 feiern die Vorabendmesse mit Chipshostien und einer klaren Ansage gegen Nazis.
Wohin die Stimmung steigt, lässt sich jetzt schon erahnen. Die beiden sind zumindest begeistert und benennen Bielefeld kurzfristig zu Stabielefeld um.

Mit Drangsal wechselt ein weiteres Mal die musikalische Orientierung des Abends.
New Wave, reduziertes Bühnenbild, „dank“ ausgefallenem AMP im dritten Song auch reduzierter Sound. Der Bass musste vorher schon ausgetauscht werden.

Kontrast dazu bilden SSIO, knalliges Bühnenbild mit pinken Akzenten im Comicstil, harter Rap. Nicht meins, die Menge mag’s.

Nach viel zu langen 30 Minuten Umbau ertönt das Intro von Indiana Jones.
Prickeln in der Luft, es wird Zeit für den Gastgeber, Initiator und Mainact des Festivals.
Mit "Im Ascheregen" beginnt das 90 minütige Set. Wie gewohnt powert Casper vom ersten Ton an, animiert das Publikum, dass jede Zeile mitsingt.

Erster Überraschungsact des Abends ist Felix von Kraftclub, der mindestens genauso flummihaft über die Bühne hüpft wie Casper. „Ganz schön ok“ ist das, wenn nicht um einiges besser.
Wer das Spektakel schon kennt dem ist klar, dass nur ein Überraschungsact nicht reicht. Für „Stampf ihn ein“ und „Komm ma ran“ wird Casper von Timi Hendrix unterstützt.
Einen Vorgeschmack auf das oft verschobene neue Album bietet „Lang lebe der Tod“. Ansonsten fehlt, meiner Meinung nach, keine der besten Singles vergangener Alben. Egal ob „Hin zur Sonne“ oder „Hinterland“, das Publikum feiert, tanzt und filmt. Zwischen den Stücken ertönen immer wieder „Casper!“ Rufe.

Nach etwas mehr als 90 Minuten endet auch der Hauptact des Abends mit „Keine Angst“, bei dem der Gesangspart von Drangsal-Sänger Gruber und „Jambalaya“.

Fazit: eine kaputte Gitarre (Swain), ein kaputter Bass (Drangsal) und ein kaputter AMP (ebenfalls Drangsal) an zwei Tagen sind ein zu verkraftender Verlust. Die Ausweitung des Festivals auf zwei Tage ist grundsätzlich eine gute Idee. Um diese gelungen umzusetzen, hätte mehr Engagement und Nähe zu den Fans von Casper gezeigt werden, die Act des ersten Tages genug Publikum ziehen und die dürftige Informationspolitik der Veranstalter verbessert werden müssen.
Genieß die Zeit daheim Casper!

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