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Datum: 28.01.2011

Nagel im Interview

Der Plan war tatsächlich eine DVD zu machen

Bielefeld (ml)    Vor seiner Lesung in Bielefeld haben wir mit Nagel, ehemaliger Sänger der Band Muff Potter, Bassist bei den Blood Robots und Autor der Romane "Was kostet die Welt?" und "Wo die wilden Maden graben" noch ein Interview geführt.
Wie ist ein Leben nach Muff Potter so? Was ist der Unterschied zwischen dem Touren als Autor und dem mit einer Band? Und wie ist der Kontrast zwischen einer großen Band wie Muff Potter und einer kleinen Band, wie die Blood Robots?

Homepage von Nagel


Du bist jetzt mit deinem Roman "Was kostet die Welt?" auf Lesetour. Du reist allein. Was für einen Unterschied gibt es dabei zum Leben mit Band auf Tour?
Ich bin meistens mit dem Zug unterwegs. Das gefällt mir auch gut. Es ist aber schon ganz schön anstrengend mit dem ganzen Gepäck und so. Ich bin im Moment allein unterwegs, was mir auch sehr gut gefällt. Man trifft ohnehin schon so viele Leute und bekommt viel Input und ich finde das ganz angenehm nicht auch noch tagsüber, wie man das aus Bandzeiten gewohnt ist, von 10 krakehlenden Menschen umgeben zu sein.

Wie ist der Kontrast zwischen jetzt und der Speed-Dating-Tour mit Linus Volkmann?
Das war auch wieder was anderes. Das finde ich auch total gut. Da muss ich sagen, da hätte ich mal wieder Bock drauf, so einen Sidekick zu haben. Vor allem auch auf der Bühne. Das ist natürlich toll, wenn man da jemanden hat, der auch noch was beisteuert. Ich bin auch einfach Fan von Linus und von seinen Büchern. Das ist natürlich toll, wenn man sich das immer wieder anhören kann. Da habe ich wirklich gedacht, dass die 10 Tage, die wir bei der Tour gemacht haben, echt viel sind. Irgendwann kommt einem das bestimmt zu den Ohren raus. Dann kann er meine ganzen Texte mitsprechen und ich seine. Aber trotzdem hat das 10 Tage lang tatsächlich Spaß gemacht, was uns beide überrascht hat.

Hast du vorher als Privatperson auch mal eine Lesung besucht?
Ich glaube, mir geht es da so, wie es den meisten Leuten auch geht, die zu meinen Lesungen kommen. Ich habe natürlich mit Popliteratur angefangen oder schon ein bißchen über den Umweg Musik. Da haben auf einmal Menschen angefangen zu schreiben, die man eher aus dem Musikumfeld kannte. Zum Beispiel Rocco Schamoni. So hat es bei mir auch angefangen, als ich mir so etwas angeguckt habe. Klassische Lesungen, zum Beispiel in Buchläden, besuch ich selber auch nicht. Deswegen mache ich da auch keine. Das ist mir tendenziell zu dröge. Ich finde aber auch eine Lesung kann kein Ersatz dafür sein, ein Buch zu lesen. Bei einer Lesung geht es um etwas ganz anderes. Da geht es im Prinzip um Entertainment. Deswegen versuche ich mit meinen Lesungen ja auch einen Gegenpol zu schaffen zu dieser Pappa ante Portas-Situation von Loriot. Da gibt es eine Lesung, die so wahnsinnig dröge und schrecklich ist, dass meine Lesungen genau so nicht sein dürfen.


Ich bin nicht Meise.

Wie kommt man als Rockmusiker dazu zu schreiben? Gerade mit dem zweiten Buch hast du ja sogar einen richtigen Roman und kein halb autobiographisches Buch geschrieben.
Bei mir ist das eine ganz stringente Entwicklung. Ich habe mein gesamtes Leben geschrieben. Als ich so 14 war, hatte ich mein Erweckungserlebnis Punkrock. Da habe ich gleich alles angefangen zu machen. Ich habe eine Band gegründet, ich habe angefangen Konzerte zu veranstalter, ich hab einen Mailorder gemacht, ich habe ein Fanzine gemacht und ich wollte gleich alles, wo man teilhaben konnte, was man so DIY-mäßig machen konnte einfach mitnehmen. Ich habe da auch angefangen Tagebuch zu schreiben. Dieses Jahr gehe ich in mein 20. Jahr als Tagebuchschreiber. Ich habe immer geschrieben. Ich habe die Songtexte für Muff Potter geschrieben. Schreiben war immer ein Teil. Irgendwann hat mich jemand gefragt, ob ich nicht ein Buch machen will. Jörn Morisse, der ist auch mein Agent, ein Freund von mir. Der kam irgendwann an und sagte, ich kenn dein Fanzine, du kannst gut schreiben, kannst du dir vorstellen ein Buch zu machen? Es war dann toll, das erste Mal mit "Wo die wilden Maden graben" etwas festes in den Händen zu haben. Da war für mich dann klar, dass ich das wieder machen möchte. Ich habe dann sehr sehr lange überlegt, was man machen kann und hatte dann auch Ideen für ein neues Buch von denen die meisten in "Was kostet die Welt?" auch verwirklicht sind, aber es hat auch relativ lange gedauert, bis ich da so einen Aufhänger gefunden habe, dass ich wirklich anfangen konnte zu Schreiben. Das hat so ein bis zwei Jahre gedauert.

Nun steht jetzt da, wo du dein Buch veröffentlicht hast: Heyne Hardcore Spannung-, Erotik-, und Undergroundliteratur. Wie bist du da gelandet?
Jörn und ich sind auf Labelsuche gegangen. Es gab ein Exposé. Wir haben das verschiedenen Verlagen angeboten. Ein paar waren interessiert. Darunter Heyne. Da gibt es dann auch meinen Lektor, Markus Nägele, der hat auch ein Fanzine gemacht. Er hat sich sein eigenes Sublabel geschaffen, Heyne Hardcore. Ich finde den Namen auch ein bißchen unglücklich, aber letztendlich ist es mir auch egal. Da bin ich relativ schmerzfrei, weil er einfach ein super Typ ist und die besten Konditionen versprochen hat und auch aus der, im weitesten Sinne, Subkultur kommt, so dass man ihm nicht erklären musste, wo ich jetzt her komme. Da fühlte ich mich dann auch relativ aufgehoben, auch durch die anderen Leute, die da arbeiten. Außerdem bin ich aus dem Alter raus, mich unbedingt mit den Labels identifizieren zu müssen, wo ich erscheine. Ich war mit meiner Band bei Universal und identifiziere mich da einfach mit so gut wie gar nichts, was da veröffentlicht wird. Von daher ist es mir dann auch scheiß egal, ob die sonst noch irgendwie Soft Pornos machen. Außerdem sind ja auch einige gute Bücher bei Heyne Hardcore. Es ist ja nicht so, als ob ich überhaupt keine Bücher von denen im Regal habe. Ich habe ja auch die Lemmy-Biographie gelesen oder John Niven oder so. Insofern kann ich damit ganz gut leben.

Mit welcher Person aus deinem Roman würdest du dich denn am meisten identifizieren?
Ich weiß nicht, ob ich mich mit einer Person aus meinem Buch unbedingt identifizieren muss. Ich kann schon viele von Meises Aversionen verstehen, viele davon sind natürlich auch meine. Bloß, dass ich mich für nicht so kommunikationsgestört und paranoid, wie Meise halte. Ich bin nicht Meise. Zum Glück. Sonst könnte ich höchstwahrscheinlich nicht auf so eine Lesetour gehen. Außerdem gibt es da ja auch solche Themen, wie die Provinz. Meise ist ja ein Großstädter, der in die Provinz kommt. Bei mir ist das ja genau umgekehrt. Ich bin ja einer der Provinzler, die dann nach Berlin gezogen sind. Ich habe also versucht das umzukehren und diese Dramatik zu überspitzen. Meise ist allerdings die Hauptfigur, der Ich-Erzähler, natürlich muss ich mich da rein finden können. Sonst könnte ich das nicht glaubhaft schreiben. Aber ansonsten gibt es auch verschiedene andere Figuren in dem Buch, mit denen ich mich identifizieren kann. Judith zum Beispiel. Die ist auch eine ziemlich coole Frau. Oder Meises Schwester, sehr souverän. Ich habe da schon ein bißchen was verteilt auf die Charaktere.


"Bizarre Love Triangle" ist auch einer meiner Lieblingssongs aller Zeiten.

Du hast aus dem Roman eine EP ausgekoppelt. Das ist bisher, so viel ich weiß, völlig einmalig. War das deine Idee?
Ja, das war meine Idee. Ich war ganz aufgeregt. Da habe ich vorher noch nie von gehört und es ist ja auch so, dass mit zunehmendem Alter, die Dinge, die man zum ersten Mal macht, die Dinge, die neu sind immer weniger werden. Alles wurde schon beschrieben, alles wurde schon besungen. Jeder geile Marketing-Gag wurde im Prinzip schon zelebriert. Für mich war das so die Frage, ob man das machen kann, ob man das inhaltlich gut rüber bringen kann. Ich habe es direkt ausprobiert mit meinem Freund Nikolai Potthoff zusammen. Es hat uns überzeugt, es hat total Spaß gemacht und da kam dann die Idee, dass man dazu auch noch ein Video drehen muss, um das Ganze auf die Spitze zu treiben. Da habe ich beim Verlag angerufen und denen meine Idee mitgeilt. Da war dann erstmal ein Schweigen in der Leitung und die dachten, was der denn jetzt will, was das jetzt soll. Am Ende waren aber doch alle sehr überzeugt davon.
Das Video ist ganz cool geworden. Wer hat das gemacht?
Regisseur bin sozusagen ich. Ich habe das mit einem befreundeten Kameramann, Christian Mansmann, zusammen gemacht. Er die technische Seite und ich den Inhalt, das Casting und die Locations. Auch die Bildgebung, dass ich als Video im Video erscheine. Da dachte ich, das wäre gut, wenn man das wirklich auf die Spitze treibt, dass man zu Büchern tanzt und zu Büchern Karaoke singt. Um dem Ganzen so einen ganz dicken Popstempel aufzusetzen. Viele machen das ja genau andersrum. Die kommen aus dem Pop, aus dem Punkrock oder aus dem Indie, oder wie man es nennen will. Dann wird ein Buch geschrieben und auf einmal muss alles ganz ernsthaft und seriös sein. Man will ernst genommen werden und das finde ich ein bißchen heuchlerisch, weil ich ja immer noch musikbegeistert bin. Ich bin ja jetzt kein anderer Mensch, weil ich Bücher schreibe. Es ist immer noch mein großes Ding. Warum sollte ich jetzt auf einmal so tun, als müsste ich in der E-Kultur ankommen oder mich Feuilleton-gerecht vermarkten. Das würde mich total langweilen und ich nehme das auch keinem ab.

Warum ist es dann Audiolith geworden?
Ich habe es Lars Lewerenz vorgeschlagen und dachte, dass es irgendwie gut passt. Die Musik ist ja auch eher elektronisch. Ich dachte, das wäre das richtige Label dafür. Wir haben zwei Songs gemacht, ganz grob. Als dann Audiolith gesagt haben, sie hätten Bock das zu machen, haben wir richtig angefangen. Da gab es dann auch schnell Referenzen, wie zum Beispiel The Streets oder Gill Scott-Heron. Gerade Gill Scott-Heron ist eine gute Referenz, weil er als der Erfinder des Hip Hop gilt, aber eigentlich Gedichte geschrieben und sie dann mit Musik unterlegt vorgetragen hat. Daraus ist dann dieses Ding geworden. Da habe ich mich dann gefragt, wie man das heutzutage mit modernen Mitteln machen kann?

Wie kam es denn dazu, dass "Bizarre Love Triangle" mit auf der Platte erschienen ist und sozusagen der einzige Nicht-Text aus dem Buch ist?
Der Song spielt ja im Buch eine große Rolle. "Bizarre Love Triangle" ist Meises Lieblingslied. Das will er halt unbedingt hören, kann es aber nicht hören, weil er seinen iPod zu Hause vergessen hat. Musik kommt ja sonst im Buch sehr schlecht weg. Musik passiert in "Was kostet die Welt?" eigentlich nur als nervende Handyklingeltöne, als Top-40-Weinfest-Band, als schrecklicher Ohrwurm, den man im Kopf hat und nicht los wird. Also sehr negativ. Und das einzige Stück, was positiv weg kommt, ist eben das, was nicht gehört werden kann. Im Prinzip sehr dramatisch eigentlich. Da war es klar, dass das auch auf der Platte statt finden muss. Und der Song ist auch einer meiner Lieblingssongs aller Zeiten, den ich immer schonmal irgendwie interpretieren wollte.

Warum sind es dann genau diese vier Kapitel geworden?
Das ist echt Zufall. Ich habe wirklich nur geguckt, was sich irgendwie umsetzen lässt. Manche Sachen fielen von vornherein raus. Eine acht Seiten lange Sterbeszene würde ich nicht mit Musik unterlegen. Das muss einfach nicht sein. Ich habe einfach wirklich nur geguckt, was könnte zu den Songs von der Stimmung her passen.


Die Blood Robots sind eine Band, die niemals richtig groß auf Tour gehen wird.

Vor zwei Wochen warst du mit den Blood Robots im Falkendom. Wie bewertest du dieses Konzert?
Das war das erste Mal, dass ich im Falkendom gespielt habe. Ich habe in Bielefeld schon überall gespielt, von AJZ bis Seidensticker Halle, aber noch nie im Falkendom. Das ist ein bißchen schwieriger Laden. Ein bißchen ungemütlich. Bei den Blood Robots ist mir das aber tatsächlich auf eine angenehme Weise egal. Da bin ich, auf eine positive Weise für mich, unambitioniert. Gerade als jemand, der jetzt 16 Jahre in einer Band gespielt hat und da Sänger, Gitarrist und Songwriter gewesen war, also immer an der Front, immer dieses gesamte Gewicht tragen, natürlich nicht komplett allein, finde ich das jetzt total angenehm nur der Bassist zu sein und sich da auch gar nicht um so viel zu kümmern und da auch keine großen Pläne mit dieser Band zu haben, weil es gibt mir persönlich den Spaß am Musik machen zurück. Alles, was mich zuletzt genervt hat, diese ganze Business-Seite, in einer Band zu spielen, die sieben Platten hat, wo man niemals eine richtig perfekte Setlist spielen kann, weil es viel zu viel Songs gibt, das fällt jetzt weg. Es gibt einfach 10 Songs und die dauern, wenn nicht viel geredet wird, 25 Minuten. Mir gibt das den Spaß am Musik machen zurück und bereitet mich vielleicht auch wieder vor etwas eigenes zu machen.

Also geht es jetzt Back to the Roots?
Nein, Back to the Roots würde ich das gar nicht nennen. Das ist schon etwas anderes für mich.

Du warst eigentlich immer Frontmann, oder?
Ja. Bei Lesungen ist das sogar noch krasser. Wenn ich da einen Ausfall habe, dann passiert einfach nichts. Ich muss da ganz allein etwas abliefern, das ist natürlich auch ein großer Reiz, weil ich dann auch den Applaus allein bekomme, aber das ist natürlich ziemlich anstrengend und ziemlich viel Last, die man da hat, was ich auch gut finde, aber als totalen Ausgleich dazu die kleine Band, die kleine Konzerte spielt. Das finde ich super.

Wie habt ihr für die Blood Robots denn Steven aufgegabelt? Er kommt ja aus Texas und das ist ja schon ein Stück von hier bis nach Texas.
Der wohnt in Berlin und ist ein Bekannter von den anderen Leuten aus der Band. Er hat früher mal mit dem einen Gitarristen zusammen in einer Band in Münster gespielt. Irgendwann meinten dann die anderen, wir haben da so einen Typen, der ist ein bißchen hyperaktiv, aber vielleicht wäre der ein guter Sänger. Er kam dann rein und hatte eine unfassbare Energie.

Im Internet findet man sehr wenig zu der Band, gerade zu den einzelnen Bandmitgliedern. Ist das ein System, dass man sich ein wenig geheimnisvoll gibt, bevor das Album kommt?
Nein, das ist einfach, weil es noch nicht viel zu erzählen gibt. Die 10 Songs, die wir auf unseren Konzerten gespielt haben sind alle Songs, die wir haben. Es kommt auch nicht bald ein Album. Das sind einfach Dimensionen, in denen wir gar nicht denken. Es ist schon erstaunlich, dass es jetzt überhaupt diese beiden Singles gibt. Es ist auch eine Band, die niemals richtig groß auf Tour gehen wird, weil einfach alle in verschiedenen Berufen sind. Ich bin total oft weg mit meinem Kram. Da kann man echt froh sein, wenn man 2 bis 3 Mal im Monat probt und ab und zu mal ein paar Konzerte spielt.

Das würde mich nämlich mal interessieren. Jetzt kommt zweimal hintereinander eine 7" und die Tour. Man hat den Eindruck, das ist jetzt dein nächstes Ding.
Was natürlich immer passiert, Muff Potter ist halt die größte von den Ex-Bands beziehungsweise die bekannteste. Wir mussten auch allen Veranstaltern sagen, dass sie bitte nicht Ex-Muff Potter auf die Plakate oder auf die Website schreiben sollen, weil es einfach damit nichts zu tun hat. Auf der anderen Seite merkt man irgendwie, dass es jetzt schon erste Reviews gibt. Und in jedem Review, was ich gelesen habe, wird das dann so thematisiert: Der eine von Muff Potter spielt auch noch mit. Das wird immer mit Fingerspitzen angefasst das Thema, aber trotzdem wird es immer thematisiert. Es ist sehr interessant, was da für eine Wahrnehmung herrscht. Einerseits will man es nicht thematisieren, aber man kommt auch nicht drum herum doch nochmal so einen Seitenhieb zu geben.


Der Plan war tatsächlich eine DVD zu machen, aber wir haben uns dann dazu entschlossen es nicht zu machen, beziehungsweise es erstmal nicht zu machen.

Du bist sehr fleißig gewesen. Was kommt nach der Lesetour denn als nächstes?
Das weiß ich auch noch nicht. Mein Kalender ist furchterregend leer. Es gibt noch ein paar vereinzelte Lesungen. Da denke ich aber auch sehr viel drüber nach. Ich bin auch sehr schnell gelangweilt. Ich kann das einfach nicht haben lange an einem Ort zu verweilen. Dafür bin ich einfach nicht gemacht. Sowohl physisch als auch künstlerisch. Ich denke immer, was kommt jetzt, was kommt als nächstes. Es gibt verschiedene Ideen zu schreiben, Musik zu machen. Aber ich habe auch gleichzeitig einen sehr großen Shit-Detektor in mir drin, der mir verbietet etwas zu machen, was ich selber nicht gut finde. Ich würde jetzt auf keinen Fall sofort eine neue Band anfangen, weil mir langweilig ist, oder eine Platte veröffentlichen, weil ich glaube, dass ich das muss, oder mir irgendwie etwas zusammen schustern, nur um ein neues Buch zu machen. Ich muss da schon selbst von überzeugt sein. Ich habe nicht viel mit Astrologie zu tun, aber ich bin ja Zwilling und man sagt mir auch nach, dass ich sehr viele Züge eines Zwillings habe, also dass in mir so zwei Herzen schlagen, die ganz unterschiedliche Sachen wollen. Im Prinzip ist es ja auch das, worum es in beiden von meinen Büchern geht. Dass man zwischen den Extremen versucht einen ganz schmalen Grad für sich selbst zu finden. Das ist bei allen Plänen von mir das selbe.

Also kein Singer- und Songwriter-Album dieses Jahr?
Nein, das ist genau das, was ich nach der Auflösung von Muff Potter nicht getan habe. Da häuften sich auch die Anfragen, ob ich das nicht machen möchte. Das hätte ich ein bißchen trist gefunden, Band auflösen und dann tingelt der Sänger noch mit seiner Akkustik-Gitarre rum und spielt die alten Gassenhauer. Das finde ich wahnsinnig traurig und ich habe mir damals geschworen, ich mache erst wieder etwas, wenn ich irgendetwas neues habe. Das habe ich jetzt mit meinem Buch. Inzwischen bin ich da wieder etwas entspannter. Ich selbst kann das auch nicht mehr sehen, dass jeder Typ aus einer Rockgruppe, Punkrock- oder Indie-Band glaubt, er müsse sich jetzt noch einmal mit einer Akkustik-Gitarre auf die Bühne stellen. Viele machen das ja auch gut, aber vieles ist einfach so überflüssig und als ich festgestellt habe, dass ich jetzt auch noch einer davon bin, habe ich sofort aufgehört damit.

Um jetzt von hier noch einmal den Bogen zu Muff Potter zu spannen. Es waren bei eurem Abschiedskonzert in Münster viele Kameras da. Wird es dazu noch eine DVD geben? Bisher hat man dazu leider noch überhaupt nichts gehört.
Der Plan war tatsächlich eine DVD zu machen, aber wir haben uns dann dazu entschlossen es nicht zu machen, beziehungsweise es erstmal nicht zu machen. Vielleicht kann man das irgendwann noch machen, aber es gibt verschiedene Gründe, die da derzeit gegen sprechen. Zum einen, es ist einfach nicht zu finanzieren. Wir wollen wenn, dann einen richtig guten Film machen. Nicht einfach nur eine Live-DVD. Wir haben das ganze Jahr sehr viel gefilmt. Auch im Studio. Um einen wirklich guten Film zu machen braucht man einfach Geld. Ich würde das wirklich nur raus bringen, wenn ich es gut finde und mir auch angucke. Wenn man sich so einen Film anguckt, wie "On/Off The Record" von The Notwist, das halte ich für einen gelungenen Film über Musik. Oder jetzt gibt es eine neue DVD von Feist, die ich super finde. Wenn, dann muss es auch so eine Qualität haben. Aber dafür braucht man einfach Geld und das haben wir nicht. Da haben wir auch keinen Bock uns wieder zu verschulden für eine Band, die wir gerade aufgelöst haben. Das ist der eine Grund und der andere, es hatte einfach niemand Bock direkt nach der Bandauflösung wieder das nächste Produkt von Muff Potter anzugehen. Das wäre genau das gleiche, wie sich zwei Monate später mit einer Akkustik-Gitarre auf die Bühne zu stellen und "Wenn dann das hier" zu spielen. Dafür war mir die Band zu wichtig um direkt mit Business as usual weiter zu machen. Wir haben unfassbar viel Material und vielleicht gibt es da irgendwann mal etwas. Aber im Moment hat da keiner Bock sich darum zu kümmern.

Dankeschön für das Interview.


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Allgemein: Interview

Datum: 28.01.2011

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