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Datum: 22.05.2009

Reingehört bei den Sporties

Sportfreunde Stiller geben MTV Unplugged

Bad Oeynhausen (m2w)    Am 17. Januar dieses Jahres war es so weit. Endlich durften auch die Sportfreunde Stiller eines der legendären MTV Unpluggeds geben. Damit reihten sie sich bei den deutschen Musikern hinter Herbert Grönemeyer, Die Fantastischen Vier, Die Ärzte, Die Toten Hosen und Söhne Mannheims als fünfte deutschsprachige Band mit einem solchen Konzert ein.

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Nun, vier Monate später, ist endlich das heiß ersehnte Unplugged-Album auf dem Markt und zieht, wie jedes MTV Unplugged Album viele Sendungen auf dem Musiksender, sowie einen ganzen Schwanz an weiteren Artikeln (wie eine DVD, eine Special Edition des Albums) mit sich.

Alles in allem interessiert uns aber die Musik und so haben wir rein gehört. Dass die Lieder in ein neues Gewandt gedrückt werden, hört man schon gleich beim Albumopener "Ich Roque!". Während die Sportfreunde Stiller-Lieder plugged durchaus mal dreckig klingen, wurde beim Unplugged-Konzert sehr auf Sauberkeit geachtet. Und so werden die Sportis nicht nur von ihren eigenen Akkustik-Gitarren, sondern von einem ganzen Orchester unterstützt. Gleich in "Ich Roque!" führt das zu einem sehr sauber gespielten Trompetensolo.
Mit "Ein Kompliment" kommt dann die erste Single aus dem Unplugged-Album. Was vorher das Keyboard in diesem Lied erledigt hat, wird nun durch eine Violinengruppe erledigt. Die verzerrten wurden E-Gitarren durch Westerngitarren ersetzt und es kann gespielt werden. Nur am Gesang hat sich nichts geändert. Manche mögen behaupten, die Sportfreunde Stiller können nicht richtig singen, ich sage ihre Stimmen sind ihre Markenzeichen. Und so erkennt man sie auch wieder, wenn sie gerade ein neues unbekanntes Lied spielen. Wie auf jedem Konzert, ist auch auf Unplugged-Konzerten, obwohl viel ruhiger, nach Publikumsinteraktion gefragt. So gibt es gerade in "Ein Kompliment", einem absoluten Klassiker der Band, einen Mitsingpart und der gehört da auch hin. Aufgefordert durch Peter Brugger "Geht da noch was Acoustic Avenue?" wird das Publikum dann auch angeheizt den Refrain sehr viel lauter zu wiederholen.
Extra für das Unplugged-Album haben die Sportfreunde Stiller auch neue Lieder geschrieben. "Lass mich nie mehr los" ist so eines. Obwohl es neu ist, ist dies eines der Beispiele dafür, dass einfach das gesamte Songwriting, die Texte und ihre Stimmen so unverwechselbar in der deutschen Poplandschaft sind, dass auch so ein Ritterschlag, wie ein MTV Unplugged immer gerechtfertigter wird.
Mit "7 Tage, 7 Nächte" folgt dann aber der nächste Klassiker. Und dieses Lied hat zur Ausnahme nichts mit dem Original zu tun. Mit einem 3/4-Takt ein Walzer, mit einer akkustischen Sologitarre etwas auf italienischen getrimmt. Beschreiben kann man das als Rockmusikjournalist nicht, am ehesten wohl als Polka. Hier sollte man wirklich den Begriff Anspieltipp zu Herzen nehmen und einfach nur rein hören.
"Du bist die Sonne, du bist die einzige. Du bist so cool. Du bist so Rock'n'Roll" - wer diesen Text schonmal gehört hat war schonmal auf einem The Subways-Konzert. Oder beim Sportfreunde Stiller-Unplugged. Hier haben es die Sportis gecovert und Gastmusiker hinzu geholt. Diese Gastmusiker sind keine anderen als Billy Lunn und Charlotte Cooper aus dessen Federn "Rock'n'Roll Queen" stammt. Billy hat dann auch die Ehre, die zweite Strophe auf deutsch zu singen.
So ein typisches Unplugged-Lied ist dann auch "Fast wie von selbst". Es ist ja schon im Original eines dieser wunderschönen Lieder der Sportfreunde Stiller. Eines dieser Lieder, bei denen man einfach nur dahin schmachten kann, sich ins Bett legen kann, die Augen schließen kann und träumen kann. Erst unplugged entfaltet es seine richtige Wirkung. Es gibt Lieder, die unplugged eher schwächer wirken, aber dieses gehört auf alle Fälle nicht dazu.
Gibt es bei Unplugged-Konzerten eigentlich wirklich schwächer? Nach dem Genuss von "Der Titel vom nächsten Kapitel" habe ich diese Befürchtung nicht mehr. Wer sich auch die Unplugged-Alben, die davor in deutscher Sprache produziert wurden anhört, wird hier auch so gut wie keine Schwächen feststellen, wenn man mal vom Toten Hosen-Unplugged absieht, welches doch sehr gewöhnungsbedürftig ist, da die Lieder live und plugged einfach eine andere Energie entfalten, als unplugged.
Weiter geht es auf dem Album mit "Wunderbaren Jahren". Auch dieses Lied ist wieder verändert, im Gegensatz zum Original. Reicht aber an die Live-Version dran. So klingt es etwas elektronisiert. Mit dem sehr straighten Schlagzeug-Beat und Geräuschen, die nach dem Scratchen einer Schallplatte klingen, muss man sich wirklich fragen, ob da nicht doch ein DJ am Werk war. War es aber nicht, wie man, wenn man die MTV-Übertragung aufmerksam verfolgt hat, weiß.
"Vamos", der Name für das Lied "Komm schon" mit einem spanischen Refrain, ist dann nicht nur ein Sportfreunde Stiller-Lied in der Sprache der größten Fußballclubs dieser Welt, sondern auch eine wunderschöne Ballade, die es im Original auch nicht ist. Was die Sportfreunde Stiller für Ideen aus dem Hut ziehen, ist einmalig. Aber einfach nur die Akkustik-Gitarre auszupacken und zu sagen, wir spielen jetzt unplugged, ist so weit gestern, dass man sich heute was einfallen lassen muss um so ein Konzert zu etwas ganz besonderem zu machen.
Dank der stark betonten Off-Beats mutiert dann auch "Wie lange sollen wir noch warten" zu einer halben Reggae-Nummer. Okay, es wird auch hinterher keine Reggae-Nummer werden, aber es kommt dem doch schon etwas nahe, wenn man vorher nur Rock- und Popmusik gemacht hat.
"Alles Roger!" darf natürlich auch nicht fehlen und wird erstmal mit typischem Sportfreunde Stiller-Quatsch eingeleitet. Entziffern konnte ich den Quatsch leider nicht, aber dafür zeigen sie hinterher beim Lied umso besser, wie aggressiv Unplugged in Wirklichkeit sein kann. Das Lied ist gespielt wie im Original. Genauso schnell, genauso offensiv mit genauso viel Abwechslung.
Wieder eine Ballade, die unplugged schöner rüber kommt, als im Original ist "Siehst du das genauso?". Während man im Original oftmals gar nicht merkt, wie viel Schmerz drin steckt, wird dieser Schmerz jetzt durch ein gesamtes Orchester ausgedrückt. Man leidet mit Peter Brugger und hofft irgendwie, dass sich alle seine Wünsche, die er in diesen einen Song packt, erfüllen.
Hitpotential hat dann das, mit Udo Jürgens aufgeführte "Ich war noch niemals in New York" - das letzte Stück des Albums. Der Hintergrund: Als Kulisse für ihr Unplugged haben die Sportfreunde Stiller sich eine fiktive New Yorker Straße nachgebaut. Aufgenommen wurde das ganze dann in den Bavaria Filmstudios. Was liegt da näher als einen Klassiker deutscher Schlagergeschichte zu covern und mit dem Meister selbst aufzuführen? Unter den deutschen Schlagern ist dieses Lied ja auch im Original eines der hochwertigen Lieder. Die Sportfreunde Stiller haben dem Lied mit ihrer Interpretation jetzt den nötigen Pop eingehaucht und es ins 21. Jahrhundert geholt, ohne dass das Lied seine pompösen Anteile verliert.

Wer die Band schonmal live gesehen hat, weiß wie fannah sie sind, wie unkonventionell und augenscheinlich auch ungeplant ein Sportfreunde Stiller-Konzert ist. Das Gefühl kriegt man beim Hören des Albums auch. Es sind einfach die Sportfreunde Stiller, wie sie im Buch stehen. Eine Band, die sich nicht darum schert professionell zu wirken und es gerade deswegen doch sind. Das Unplugged-Album ist bloß ein weiterer Meilenstein in einer steil nach oben führenden Bandgeschichte, die zwar schon Höhepunkte kannte, den richtigen aber wohl noch nicht erreicht hat.

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Datum: 22.05.2009

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