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Campus Festival #02

Von der Genügsamkeit zwischen den Extremen

Bielefeld (as)    Fast ausverkauft, extremes Wetter und ein nettes Line Up: Das zweite Campus Festival fällt erst in der Nachspielzeit ins Wasser, genießt/leidet davor unter der Knallhitze. Die Veranstalter haben hart gearbeitet und das Ergebnis tut keinem weh; ebensowenig die Auftritte von Bosse, SDP und den Sportfreunden Stiller.

Trotz hohen Temperaturen feiert das Publikum auf dem Campus Festival Bielefeld zu Frittenbude. Foto: Marcel Linke

Bielefeld und Hitzewarnung: Ist das 1 Match? Selten, aber ausgerechnet heute packt der Himmel den Solarstrahl
Fotos zum Festival
Homepage vom Campus Festival Bielefeld
Level 3 aus und feuert aus allen Rohren. Das Campus Festival gerät zum Schwitzetempel. So ist es nicht überraschend, dass die Menge nicht sofort ausrastet und es gemächlich angehen lässt. Zwar geht das Bühnenprogramm schon um 15:45 mit dem traditionellen Poetry Slam Warm Up los, aber so richtig voll wird das Gelände erst zum Abend hin. Zu scharf brannte die Sonne in den Mittagsstunden auf Ostwestfalen hinab.
Die Sonne fühlte sich gleich so wohl, dass sie bis zum Ende blieb. Das provozierte ein Gewitter, welches schon während der Sportfreunde Stiller im Hintergrund als Lightshow-Erlebnis zu bestaunen war. Dies wurde natürlich nicht von allen Gästen wirklich erst genommen. So wurde es zwar schnell leerer, aber mehrere tausend Menschen fanden sich plötzlich in einem Wolkenbruch wieder. Und auch das Gewitter fühlte sich so wohl, dass es blieb. In der Mensa konnten Viele noch Zuflucht finden und zum DJ tanzen, aber die Gewissheit war da: Der Heimweg wird eine Dusche (trotz vieler Sonderbahnen von MoBiel).
So rahmte das Wetter den Tag mit Extrempositionen. Welche Auswirkungen hatte dies auf das Dazwischen?


Lob der Genügsamkeit

Das Dazwischen bestand aus 13 Bands, Poetry Slam und DJ-Action auf 4 Bühnen: Es gab wieder viel zu tun. Das Gelände wurde im Vergleich zum Vorjahr nur leicht verändert, aber diese Änderungen waren wichtig. So wirkte die Fläche etwas entzerrter und nicht mehr so eng. Die 18500 Besucher hatten einfach mehr Platz zum Stehen, Sitzen, Trinken. Letzteres wurde durch eine deutliche Erhöhung der Toilettenanzahl wieder attraktiv. Auf der Dixie-Katastrophe von 2015 wurde richtig reagiert und auch die Bierwagensituation lief besser als beim Campus Festival #01. Die deprimierenden Wartezeiten wurden erträglich, es blieb Zeit für die Bühnen. Diese waren wie gewohnt angeordnet, was leider erneut dazu führt sich für eine Seite der Hauptbühne zu entscheiden. Ein Seitenwechsel von DJ-Truck zu Hauptbühne 2 ist mit Mühe verbunden. Es wurde dann auch nicht wirklich voll vor den Nebenbühnen: nicht bei Milliarden (Fotos), noch bei Sookee (Fotos) oder bei Moop Mama (Fotos). So konnte man deren Auftritte ganz entspannt verfolgen. Überhaupt war an diesem Tag Vieles entspannt. Ein unaufgeregter Festivaltag, an welchem von den Bands nicht mehr so viel in Erinnerung blieb. Was nicht heißen soll, dass das als Kritik zu verstehen ist. Es herrschte eine entspannt-angenehme Atmospähre. Kein Grund für Ärger, alle waren sehr lieb. Die Bands taten das, wofür sie angeheuert worden sind: ohne Überraschungen. Wir nehmen diese Ruhe dankend an, genießen ein Bier und einen Plausch in der Sonne und sind einfach mal zufrieden. Statt "höher, lauter, krasser" nehmen wir es, wie es ist: Zwischen den Extremen herrschte die Genügsamkeit.


Ausgelassene Stimmung vor der Hauptbühne

Vor der Hauptbühne bot sich derweil ein gewohntes Bild: lächelnde Menschen, die sich und die Musik feiern. Spaß haben und klatschen. Alles sehr schön. Oben stehen Frittenbude (Fotos) und bemühen sich das Publikum trotz der Hitze in Bewegung zu bringen. Vor allem Sänger Johannes hat aber selber Probleme richtig in Fahrt zu kommen. Auch Martin und Jakob sind klitschnass von ihrer Performance. Insgesamt ein schöner Start in die Headliner und mit dem Liebhaber-Hit "Mindestens in 1000 Jahren" bekommen wir ein Finale, welches von Mitsingenden und tanzenden Menschen begleitet wird. Bei Bosse (Fotos) ist der Bereich vor der Bühne schon so voll, dass keine Zuschauer mehr hineingelassen werden. Und Bosse belohnt das mit Spielfreude und Bewegungsdrang. Er hat sichtlich Spaß an seiner Musik. Für mich eindeutig zu viel Spaß! Es ist vollkommen in Ordnung die poppigen Gute-Laune-Lieder auf einem Open Air zu feiern, aber für mich nicht in Ordnung ist es, auch die traurigen Lieder so zu präsentieren. Geschmackssache, ok geschenkt. Die Traurigkeit, Sehnsucht und Nostalgie, die ich an Bosse so schätze, sollte nicht mit Party-Mitgröl-Hüpfen-Rummelbums entwertet werden. Hey, Hey, Hey. Dem Publikum ist das natürlich egal und ich kann mich über "3 Millionen und "Alter Strand" freuen.
Über SDP ist in der Folge nicht viel zu sagen. Die Berliner Musiker ziehen ihr Ding durch und Bielefeld feiert "Die Nacht von Freitag auf Montag" und den immer noch aktuellen Radio-Ohrwurm "Ich will nur dass du weißt". Das ist nichts bahnbrechendes, aber die Genügsamkeit ist die neue Königin. Um 22:00 wird es Zeit für die Sportfreunde Stiller (Fotos), den großen Headliner des Tages. Diese Sporties: Grundsympathisch schaffen sie es immer wieder ohne viel Umstand das Publikum für sich zu begeistern. Dazu spielen sie ein Set, gespickt von alten und neuen Hits, die tatsächlich fast jeder mitsingen kann. "Applaus Applaus" liebe Sportfreunde für "Ich Roque" und für "7 Tage, 7 Nächte"; das hat uns gut gefallen. Als "Ein Kompliment" ist es wohl anzusehen, wie viele Menschen trotz der Blitze noch bleiben. Leider lässt sich die Realität nicht lange ausblenden. Obwohl die offizielle Spielzeit bis 23:15 angegeben ist, gehen schon kurz nach 11 die Lichter aus. Und etwas später fällt die Sintflut über uns hinein.
Das Ende des Campus Festivals ist die Rückkehr in das Extreme. So schlecht ist Genügsamkeit doch gar nicht, oder ?

Nachtrag:
Der geheime Star des Abends? Immer und immer und immer wieder ist es Will Grigg. Der viral gewordene Fußballgesang wurde nach dem Ende des Sportfreunde-Konzertes in einem hunderte Kehlen starken Spontan-FlashMob zur nächtlichen Hymne. Das Campus Festival war somit doch kurz noch gewaltig on fire. Kurz darauf nur noch under water.

Weitere Fotos von: Gloom Sleeper, Cosby und SDP.

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