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Les Ardentes 2011

Das war das Les Ardentes 2011

Lüttich (m2w)    von Petra Hetfeld und Sven Droste - Warum in die Ferne schweifen wenn das Gute liegt so nah? So oder ähnlich könnte man in Anbetracht der Festivalvielfalt in Deutschland denken. In wirklich jedem Winkel der Republik gibt es kleinere oder größere Festivals jeglicher Couleur - Reggae, Hip-Hop, Metall, Jazz oder auch bunt gemischt - für jeden Geschmack ist was dabei. Manchmal lohnt es sich aber trotzdem mal über den Tellerrand, sprich die Landesgrenze, zu schauen.

Keine 50 km hinter der Grenze von Deutschland zu Belgien liegt Liège, auch Lüttich oder Luik genannt, hier findet im frühen Juli das Festival Les Ardentes statt. Das Liège Electro Rock Festival ist mitten im Zentrum Lüttichs angesiedelt. Das Festivalgelände samt Campingplatz liegt auf einer Insel mitten in der Maas.

In vier Tagen, von Donnerstag bis Sontag, auf vier Bühnen, 1x Openair, 1x Zelt und 2x Indoor, fanden 92 Shows statt. Vom DJ Set, über Elektro-Avantgarde Pop zu Hip-Hop, bis hin zur Klassischen Rockshow ist alles dabei. Bereits am Donnerstag spielten unteranderem Kelis, Ayo, Stromae, Ziggy Marley, The Human League und Triggerfinger.


Freitag

Die erste erlebte Show am Freitag spielten die vier Kanadier von Sum 41 (Fotos). Deryck Whibley und seine Mitstreiter sind seit ihrem Debüt "All Killer No Filler" nun um ein Jahrzehnt gealtert. Von ihrer Spielfreude und Energie haben sie aber in dieser Zeit nichts verloren. "Jessica Kill" und der Titeltrack der aktuellen, im März erschienenen Platte "Screaming Bloody Murder" brachten Bewegung in das das Publikum. "In Too Deep" wurde von einem großartigen Publikums Chor begleitet und "Fat Lip" hat auch 10 Jahre nach Veröffentlichung an seiner Wirkung nichts verloren und brachte das Volk zum springen.

Der 20 Uhr Slot auf der Mainstage war für die aus Belgien stammenden Goose (Fotos) reserviert. Ursprünglich als AC/DC Coverband gestartet hat die Band jedoch schnell das Genre gewechselt. Elektro Rock und Dance Punk behauptet Wikipedia. Kann man so stehen lassen. Live erlebt ging die Musik seht nach vorn, was man den vier nicht unbedingt behaupten konnte. Bis auf den Schlagzeuger waren alle sehr statisch hinter ihren Synthies. Ganz im Gegenteil zum Publikum, die die Band und die ihre Show begeistert abfeierten.

Die nächste Band ließ lange auf sich warten. Nachdem eine halbe LKW Ladung weißer Handtücher und palettenweise Wasser auf die Bühne geschleppt worden war passierte längere Zeit immer noch nichts. Ohne einen ersichtlichen Grund kam der Wu-Tan Clan (Fotos) ein gute halbe Stunde zu spät, aber das gehört wohl zum gepflegten Rap Star Image, ist aber bei einem Festival mit engem Zeitplan eine Frechheit. Dennoch wurden sie nach der Wartezeit im WU TANG, WU TANG Rufen empfangen und gefeiert. Wer alles vom Clan auf der Bühne stand, war nicht endgültig auszumachen. Die Amis waren die waren ständig unterwegs. Trotz Wartezeit eine gute Show, nicht nur für Hip-Hop Fans und ein Beweis dafür, dass auch Rap-Dinosaurier, die erste Veröffentlichung des Clans stammt aus dem Jahr 1993, noch die Crowd rocken können.

Nach der Show des Clans gaben sich die Stagehands und die Techniker in der folgenden Umbaupause alle Mühe den Zeitverzug wieder aufzuholen. Eigentlich ein unmögliches Unterfangen, aber sie schafften es fast 15 Minuten wieder raus zu holen. Dann war es so weit, Limp Bizkit (Fotos)! Wes Borland war der erste der Band, der die Bühne betrat. Von den Füßen bis zur Nase schwarz, nur die ober Kopfhälfte weiß geschminkt, fegte er über die Bühne wie ein aufgescheuchter Wolf im Zoo. So sollte das auch die gesamte Show lang bleiben, nur seine Gesangsparts fesselten den 2009 wieder in die Band zurückgekehrten Gitarristen für kurze Zeit an sein Mikrofon. Fred Durst, wie eh und jeh in Shorts, Hoodie und rote Basecap, sowie DJ Lethal, Bassist Sam Rivers und Drummer John Otto, der für das komplette Konzert unsichtbar hinter seiner massiven Schlagzeugburg verschwand, komplettierten die Band nur kurze Zeit später und das Nu-Metal Specktakel konnte beginnen. LIMP BIZKIT schöpften aus dem Vollen, spielen die größten Hit ihrer Band Geschichte. Aber hinter "My Generation", "Rollin" oder "Take a Look Around" müssen sich die Tracks des erst im Juni in Deutschland erschienenen Albums "Gold Cobra" nicht verstecken. "Shark Attack" bewegte die Massen nicht weniger als die Klassiker und auch die anderen neuen Songs standen mit brachialem Gitarrensound und fettem Groove über der kleinen Maasinsel.

Während die 4 Nu-Metaller die Bühne verließen, ging das Festival auf den anderen Bühnen noch bis tief in die Nacht weiter. Letzter Act des Tages war Ben Klock, der bis zum Morgengrauen auflegte.


Samstag

War der Freitag, trotz Wolken trocken geblieben, zeigte sich der Samstag von seiner feuchteren Seite, zumindest in der ersten Hälfte des Tages. Aber am späteren Nachmittag stoppte der Regen und die Shows die unter freiem Himmel stattfanden blieben bis in die Nacht trocken.

Um 18.30 betraten drei Musiker die Bühne, die beim Publikum größtes Entzücken herauf beschworen, und dass nicht nur wegen der zuckersüßen Charlotte Cooper. The Subways (Fotos) boten eine Rock & Roll Show par excellence. Billy und Charlotte wirbelten wie die Derwische über die Bühne, Josh Morgan, hinter dem Drumset gefangen, spielte, als ginge es um sein Leben. Rund ging es auch vor der Bühne, als der The Subways Sänger ein paar Circlepits einforderte. Ein Höhepunkt der Show der drei Briten war sicherlich Rock & Roll Queen, den Text aus unzähligen Kehlen geschrien. "Oh Yeah", "Young for Eternity" und dazu Crowdsurfen, selbst Billy nahm zum Ende des Auftrittes ein Bad in der Menge. 50 Minuten die einfach zu schnell vorbei waren.

Eine halbe Stunde nach dem Abgang, von Billy Charlotte und Josh, die hinter der Bühne noch sehr entspannt und freundlich Autogramme gaben folgte das Kontrastprogram. Kate Nash (Fotos) mit ihrer All-Girl-Band konnten es mit der energetischen Vorgabe nicht aufnehmen. Kate, wie immer extravagant gekleidet, etwas verschroben, kam mit in Begleitung einer Flasche Sekt auf die Bühne, die sie dann immer wieder zwischen ihren beiden Positionen, sitzen am Piano recht oder Stehen mit Gitarre links, hin und her trug. Ganz nett, aber wie schon gesagt, kein Vergleich mit der zuvor gesehenen Show. Aber immerhin auch very british.
Die nächsten drei Acts, die in die Auswahl fielen waren allesamt Bands oder Künstler, die man nicht sehr Häufig zu sehen bekommt.

Die erste der drei waren die Asian Dub Foundation (Fotos). Sie spielten nicht auf der Open-Air Bühne, sondern im Zelt, wobei sich Zelt kleiner anhört, als es in Wirklichkeit war. Die Foundation ist mehr ein Künstlerkollektiv als eine Band im klassischen Sinne. Ihre Musik eine Mischung aus Reggae, bzw. Dub, Breakbeats und Jungle mit Einflüssen aus der Folklore der verschiedensten Kulturen. Mit treibenden Breakbeats und wabernden Bassen brachten sie die zum Teil schon sehr strahlen den Menschen im Zelt zum Tanzen. Dazu brachten Aktar Ahmed und Al Rumjen die Teils politisch sehr motivierten Texte unter das Volk. ADF waren definitiv ein Highlight der Festivals.

Die zweite Bühnenrarität und eigentlich auch unumstößliches Hightlight des Samstags, wenn nicht sogar des gesamten Festivals - nun ja, die Geschmäcker können verschieden sein - waren Cake (Fotos) aus Sacramento, California. Die Band um Sänger John McCrea, der im einem ganz kurzen Gespräch nach dem Auftritt auf die Frage Warum sie denn so selten Live zu sehen wären, antwortete: "Naja, Ich hasse es zu touren, aber manchmal zwingen mich die anderen halt und das ist auch gut so.", sind nur ganz selten auf den Bühnen Europas zu sehen. Cake, die am Vorabend in Köln eine Show in bestuhltem Saal und mit Pause gespielt hatten, überzeugten weniger mit Action. Mehr waren es die teils sehr sarkastischen Anmoderationen oder auch der Moment in der John das Publikum bei "Sick of You" für ein Mitsingspiel nicht in der Hälfte teilte, sonder in zwei unterschiedlich große Gruppen. In der Welt gibt es schließlich auch immer Minderheiten und stärkere Gruppen. Wem das jetzt etwas zu seltsam vorkommt, sollte sich einfach mal die eine oder andere CAKE platte anhören. Dann wir das Bild schon klarer. Mit "The Distance" beschlossen die fünf nach einer Stunde das Konzert. Wenn etwas gefehlt hat, dann "Stickshifts and Safetybelts" und, und, und

Abschluss des dritten Festival Tages war Snoop Doggy Dogg (Fotos), der sich aus rechtlichen Gründen von "doggy" verabschieden musste, da die Rechte an diesem Namen bei seiner Alten Plattenfirma liegen. Das ist aber schon lange kalter Kaffee, aber immer wieder seltsam zu sehen, woran man alles Rechte haben kann. Snoop hatte einen Slot, der ihm eine und eine halbe Stunde Zeit auf der Bühne zusicherte. Eine Tatsache über sich die Fans bestimmt sehr gefreut hatten. Hätte er sie genutzt, hätten sich die Leute bestimmt noch mehr gereut. Pünktlich setzte zwar die Musik ein, aber auf die Bühne kam Niemand. Niemand außer jemand von Snoops Crew, der das wartende, immer ungeduldiger und ungehaltener werdende Publikum mit dem Smarphone filmte. Mr. Calvin Cordozar Broadus, Jr. musste unterdes noch mal eben den gesamten Backstagebereich räumen lassen, bevor er mit Band, drei Tänzerinnen und zwei Bodyguards, die zusammen mindesten 300 kg Lebendgewicht hatten, auf die Bühne kam. Ab dem Moment war im Publikum die Zeit des Wartens bereits vergessen. genau eine Stunde Dauerte die Show. Eine Stunde in der Snoop Dee Oh Double Gee neben seinen eigenen Tracks noch mit Warren Gs."Regulate" punktete und mit "Jump around" von House of Pain die Menge zu Springen Brachte, eine Stunde in denen die Tänzerinnen immer weniger anhatten und die Bodyguards gut aufpassten, das Herrn Dogg nichts zustieß. Letzer Song, Backstage gesperrt und weg war er. Muss man mal gesehen haben.


Sonntag

Der Sonntag begann ähnlich dem Samstag mit Regen, der jedoch sogar noch etwas früher als am Vortag verzog und ab und an sogar die Sonne durch die Wolken blitzen ließ.

Punkt 17 Uhr stand Olufemi Sanyaolu auf der Open-Air Bühne im Parc Astrid, der Nigerianer, besser bekannt als Keziah Jones (Fotos), kam mit Schlagzeuger und Bassist und brachte den Funk mit. Jones hatte seine größten Erfolge in den 90er Jahren. Seine Alben "Blufunk Is A Fact" und "African Space Craft" sind immer noch richtungsweisend für seine Musik. Aber auch fast zwanzig Jahre nach dem Erscheinen von "Blufunk Is A Fact" hat er und Musik nichts von der treibenden Energie verloren. Jones funkte was das Zeug hielt und als er sich nach vier Songs das Hemd vom Leib "riss" ging nicht nur am Himmel die Sonne auf, auch auf den Gesichtern der weiblichen Zuschauer war ein entzücktes Strahlen zu erkennen.

Ortswechsel, im Zelt stand die Performance der dänischen Pianistin und Sängerin Agnes Obel (Fotos) auf dem Plan. den Soundcheck machte die Wahlberlinerin selbst, verschwand dann noch einmal, um einen Augenblick später auf die Bühne zurückzukehren. Sehr reduziert, nur mit Piano und unterstützt durch eine Cellistin, war ihr Auftritt. Ebenso, wie es ihren Songs am besten steht. Leider war der Rahmen, also dieses Festival nicht der beste, nicht der bestmögliche um ihre melancholischen Songs zu genießen. "Just so" und "Riverside" wirken in einem kleinen dunklen Club einfach besser, als in einem riesigen Zelt mit annähernd tageshellem Licht. Da brachte auch das fast gänzlich fehlende Licht auf der Bühne nicht mehr Atmosphäre. Agnes und ihre Cellistin spielten einen wunderbaren Auftritt, der in einem passenderem Ambiente noch schöner gewesen wäre.

Zurück an der Mainstage. Die letzten Vorbereitungen für die belgisch, britisch, schwedische Formation Puggy (Fotos) waren im Gange. Die Band, die schon im Vorprogramm von Smashing Pumpkins und Incubus gespielt hat war und ist offensichtlich bestrebt immer im besten Licht zu stehen. So hatte jeder der drei Minispotts, die sie anleuchteten. Die Fotografen waren sicherlich erfreut, aber so stand neben den Mikrofonstativen, noch ein Wald an Ständern und Stativen auf der Bühne, die irgendwie immer die Sicht auf irgendetwas versperrten. Puggy fanden beim Festival Publikum sichtlich Anklang, die akustik Coverversion von SYSTEM OF A DOWN hätten sie sich aber sparen können. Manche Sachen sollte man einfach nicht Covern.

Die letzte gesehene Band war Staff Benda Bilili (Fotos). Die Band aus dem kongolesischen Kinshasa traf der Spruch "Unverhofft kommt oft." mitten ins Schwarze. Die zufällig bei den Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm entdeckten Straßenmusiker, wurden nach Ihrer Entdeckung selbst Mittelpunkt des Dokumentarfilm "Benda Bilili", nahmen ein Album auf und Touren 2010 durch Europa und Japan wobei sie unter anderem auch in Roskilde und Glastonbury spielten. Dazu wurden Ihne diverse Auszeichnungen zuteil und sie arbeiteten unter anderem mit Deamon Albarn (Blur, Gorillaz) und Robert Del Naja (Massiv Attack) zusammen. Staff Benda Bilili auf der Bühne zu erleben hieß pure Energie zu erleben. Ihr Sound hat seine Wurzel in der Rumba, der Cubanischen Musik und Reggae. Dazu ein Wenig R & B und Funk, eine Mixture die sich nicht anders als mit Worldmusic umschreiben lässt, wobei man jedoch den ambitionierten Gutmenschen Aspekt, der mit diesem Genre einhergeht einfach streichen kann. Die Times titelte "The Kinshasa Social Club", an diesem vergleich ist einiges dran. Ach ja, vier der Musiker saßen im Rollstuhl, einer stand mit Krücken auf der Bühne. Der Grund, Polio. Das stach natürlich ins Auge, fiel aber eigentlich nicht weiter auf.

Mit Staff Benda Bilili war das Festival aber noch nicht zu ende. Den krönenden Abschluss des vierten Tages sollte Mika bilden. Der britische Sänger lieferte zu späterer Stunde eine knallbunte, rokokoeske Bon-Bon Show ab und beendete damit die Ausgabe 2011 des Festival Les Ardentes.

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