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Open Air

Klein, kleiner, Omas Teich!

Großefehn (ml)    Es ist Freitag. Die Umgebung ist Ostfriesland. Hier ist die Welt noch heile. Zwischen Schafen, Pferden und Kühen scheint man die Weltprobleme perfekt ausblenden zu können. Alles ist ruhig. Zumindest hat es den Anschein. Aber ist wirklich alles ruhig? Nein! Denn auf dem kleinen Gelände einer ehemaligen Baumschule in Großefehn findet dieses Wochenende das Zwei-Tages-Festival Omas Teich statt. Mit einem Line-Up welches sich mit wesentlich größeren Festivals durchaus vergleichen kann: Fettes Brot, Kettcar, Nada Surf, Biffy Clyro, Johnossi und gefühlt alle Audiolith-Künstler.

Bilder vom Festival
Homepage von Omas Teich


Schon bei der Festivalanfahrt wird klar, dies ist kein gewöhnliches Festival. Hier arbeitet die freiwillige Feuerwehr des Ortes noch mit. Der DJ der örtlichen Dorfdisco legt am Tag vor Festivalbeginn für die ersten Camper auf.
Neben einigen Besuchern, die hunderte Kilometer weit gefahren sind, zieht das Festival aber vor allen Dingen Besucher aus der näheren Umgebung an, aber auch diese zelten größtenteils, so dass das eigentliche Campinggelände schnell überfüllt ist und für weitere Camper eine Ausweichfläche benutzt wird. Ein großer Erfolg für die Veranstalter, die insgesamt 7.000 Kombitickets und jeweils 1.000 Tagestickets absetzen konnten. Immerhin hat das Gelände nur eine Kapazität von 8.000 Personen. Ausverkauft!

Zu Recht, denn schon eine der ersten Bands, die am Freitag auf der Mainstage, eine von zwei Bühnen, auftreten, legt einen headlinerwürdigen Auftritt hin. Frittenbude (Bilder). Bis vor kurzem noch günstig im Einkauf, aber mittlerweile angesagteste Band der deutschen Electropunk-Szene. So wurde es dann schon um 17:30 Uhr eng vor der Bühne, obwohl die bekannten Bands an dem Freitag alle noch spielen sollten. Frittenbude machten allerdings auch gleichzeitig den Auftakt zu einem Wochenende mit Audiolith, sind sie doch gleichzeitig das Aushängeschild dieses sympathischen Hamburger Labels. Auch Lars Lewerenz, Mr. Audiolith himself, ließ es sich nicht nehmen zu Remixen von "Für mich soll's rote Rosen regnen" (Remix: "Für mich soll's heute Acid regnen"), oder "Graceland" (Remix: "Raveland") über die Bühne zu tanzen. Versteckt am Rand dieser Bühne standen Mitglieder von Kettcar. Aber auch Hits, wie "Mindestens in 1000 Jahren" vom ersten oder "Bilder mit Katze" vom aktuellen Album dürfen nicht fehlen. Und so verbrüdert sich eine Band, die in elektronischen Gefilden ansässig ist noch mit den Loveparade-Besuchern und fordert alle Besucher dazu auf ihre Mittelfinger gegen Eva Herman in die Luft zu strecken. Richtig so.

Nicht ganz so viel Publikum können Biffy Clyro (Bilder) nun anziehen. Dass sie rockiger sind, sieht man allerdings schon am Publikum. Obwohl es weniger Leute sind, als zu Frittenbude, verwandelt sich die Masse vor der Bühne in einen einzigen Pogohaufen.
Biffy Clyro sind gut drauf, das spürt man auch im Publikum. Insgesamt bringen sie einen Querschnitt ihrer gesamten Bandgeschichte, von deren Set der krönende Höhepunkt "Mountains" vom aktuellen Album ist.

Langsam wir die Arbeit der Bühnenarbeiter stressfreier. Die Umbaupausen werden großzügiger, da die Bands auf den beiden Bühnen, Hauptbühne und Zeltbühne, sich immer abwechseln. Beendet eine Band ihr Set fängt die andere an. Da die Bands, je fortgeschrittener die Zeit ist, auch immer länger spielen, muss die Bühne auch nicht mehr ganz so schnell umgebaut werden.
Dies gibt Nada Surf (Bilder) die Chance einen ausgiebigen und lauten Soundcheck auf der Hauptbühne zu zelebrieren. Auf dem Omas-Teich-Festival gaben sie nochmal alles. Es ist ihr letztes Konzert in Deutschland für längere Zeit. Gerade haben sie ein neues Album ("If I Had A Hi-Fi") veröffentlicht, spielen aber für das Festivalpublikum vor allem die Lieder der alten Alben bis "Lucky". Natürlich dürfen da "Whose Authority", "See These Bones" und "Popular" nicht fehlen. Richtig zum Kochen bringen sie die tanzende Menge jedoch mit "Always Love" und "Blankest Year". "Yeah fuck it, I'm gonna have a party."

Die ungeteilte Aufmerksamkeit sollte jedoch dem Freitagsheadliner Kettcar (Bilder) gehören. Erst kurz zuvor haben Kettcar bekannt gegeben, dass Schlagzeuger Frank Tirado-Rosales die Band verlassen wird, um sich neuen Projekten zu widmen. Die Spielfreude auf dem letzten gemeinsamen Konzert konnte man noch einmal richtig spüren. Und so gingen Kettcar in ein Konzert, welches sich wohl als eines der besten, die die Band jemals gegeben hat, heraus stellen sollte. Wer Kettcar schonmal gesehen hat, weiß, dass sich so etwas nur schwer schreiben lässt, weil die Band lauter gute Konzerte gibt. Die Euphorie übertrug sich auf das Publikum und hier waren keine Festivalbesucher, sondern nur noch Kettcar-Fans anwesend. Mit Liedern, wie "Landungsbrücken raus", "Balkon gegenüber", "Im Taxi weinen", "Deiche", "48 Stunden", "Stockhausen, Bill Gates und ich", "Graceland", "Nullsummenspiel" und weiteren, spielte sich die Band einmal quer durch ihr gesamtes Repertoire. Und das Publikum? Konnte jede Textzeile auswendig. Schon nach dem Hauptset gab es statt Zugabenrufe, "Danke Frank"-Rufe. Die Band kam zurück und spielte weitere Songs, weiterhin mit Frank am Schlagzeug, der jedoch völlig überrascht bemerkte, dass sich sein Schlagzeug auf einer Hebebühne befand und er gerade über den Köpfen der restlichen Band spielt. Tolle Überraschung. Nachdem Kettcar nun die Bühne verlassen haben, kamen sie natürlich für "Balu" zurück. Und eigentlich sollte dies der krönende Abschluss eines letzten Konzertes mit Frank Tirado-Rosales sein, ein Abschluss an dem er selbst nicht mehr beteiligt ist, weil "Balu" einfach kein Schlagzeug hat. Jedoch ließt das Publikum die Band abermals nicht von der Bühne verschwinden und so schloss sich der Kreis, wie Marcus Wiebusch es bezeichnete und sie spielten ein unbekanntes Lied, welches das erste jemals für Kettcar geschriebene ist und dennoch nie zuvor gespielt oder veröffentlicht wurde. Danke Kettcar für diesen grandiosen Abend. Danke Frank für die letzten zehn Jahre.

Im Anschluss an Kettcar und The Black Box Revelation übernahm Audiolith das Zepter auf dem Veranstaltungsgelände. Bis 3 Uhr nahmen Lars Lewerenz als Vortänzer, Ira Atari & Rampue sowie Krink trotz technischer Pannen die Zeltbühne auseinander.

Der Samstag auf dem Omas Teich beginnt früh. Wer die erste Band sehen möchte, muss schon um 11 Uhr auf den Beinen sein.
Alias Caylon (Bilder) spielen jedoch erst als zweite Band auf der Hauptbühne. Dennoch sieht das Publikum noch recht verschlafen aus. Zahlreich ist es zwar für Alias Caylon-Verhältnisse erschienen. Die meisten Festivalbesucher befinden sich jedoch noch auf dem Campingplatz.
Über die Band haben wir schon geschrieben, als sie in Bad Oeynhausen ihren Plattenvertrag unter Dach und Fach gebracht haben. Das ist nun schon fünf Jahre her und langsam wird es Zeit für einen weiteren Artikel. Denn gut ist die Musik, keine Frage. Sie spielen vorwiegend Songs von ihrem zweiten Album "Follow The Feeder", welches roher und gewalter klingt als das Debüt "Resorbing Everything". Dies lässt auch die Lieder live anders rüber kommen als die Songs des ersten Albums, von dem es immerhin "Surprise" in die Setlist schafft.

Trip Fontaine (Bilder) dürfen nur kurze Zeit später im Zelt spielen. Sie geben ein energiegeladenes Konzert vor einem schon gut gefüllten Zelt. Schnell, hart und mit wenigen elektronischen Klängen. Wie man sie vom Album kennt.

Auch Antitainment (Antitainment) schlagen in die gleiche Kategorie. Anders als die Vorgänger im Zelt sind sie jedoch um einiges trashiger. Punkrock mit elektronischen Anteilen.

Für viele Besucher wird einer der ersten Höhepunkte des stark besetzten Samstags Friska Viljor (Bilder). Bevor die Schweden auf die Bühne gehen regnet es noch Bindfäden, so dass ein bevorzugter Ort das Zelt oder der eigene Pavillon ist. Wer die Band kennt weiß, dass sie ihre Shows mit viel Spaß machen. Dabei dürfen dann auch ihre Hits, wie "Shotgun Sisters" oder "I Gave My Life" nicht fehlen.

Jupiter Jones (Bilder) schlossen sich auf der Zeltbühne an und schafften es diese mit den Fans auseinander zu nehmen. Die Holzbodenkonstruktion senkte sich bedenklich durch den Pogo der Fans. Unter anderem haben sie "Alleiner", "Das Jahr in dem ich schlief" und "Wir sind ja schließlich nicht Metallica", also ihre bekanntesten Lieder gespielt.

Die Hauptbühne war heute definitiv international besetzt. Und vor allen Dingen schwedisch. Johnossi (Bilder) spielten hier und hatten auf dem Soundturm mit Friska Viljor auch schwedische Zuschauer gehabt. Einen Johnossi-Auftritt muss man sich so vorstellen: John bedient eine Akkustikgitarre, die er meistens verzerrt. Außerdem singt er. Ossi begleitet ihn am Schlagzeug. Wie The White Stripes, nur schneller.
Höhepunkt ihres Auftritts ist der "Execution Song", Top-Single der Band und auch im Soundtrack zum Film "Die Welle" verwendet.

Das Programm heute ist sehr eng gepackt mit tollen Bands. Während viele Besucher schon auf den Hauptact Fettes Brot warten, heizen im Zelt die Jungs der Mediengruppe Telekommander (Bilder) noch den übrigene ein. Doch nach "Ich Kommanda, du Kommanda, er Kommanda, Telekommanda" geht es auch für die Besucher weiter zur Hauptbühne.

Hier werden Fettes Brot (Bilder) nämlich den grandiosen Abschluss eines herrlichen Wochenendes feiern. Zu den Klängen von "Emanuela" startet die Band ihr Set. Was folgt ist das, was man schon durch andere Konzerte der Band gewöhnt ist und durch ihre beiden Live-Alben. Ein Querschnitt durch die gesamte Bandgeschichte. Von "Schwule Mädchen" über "Jein" bis hin zu "Die falsche Entscheidung" wird alles gespielt, was das Fanherz begehrt. Dank diverser Idioten im Publikum, die unbedingt mit Laserpointern auf die Bühne zielen müssen gibt es sogar Neukompositionen von Fettes Brot zu hören ("Buh Laserdinger" in allen möglichen Varianten).
Etwas länger als geplant dauert dann auch das Set an um die verloren gegangene Zeit wieder rein zu holen und es standesgemäß mit "Nordisch By Nature" abzuschließen.

Als letzte Band des Festivals haben Supershirt (Bilder) auf der Zeltbühne noch die Ehre ihre "Teitmaschine" zu starten. Mit Trichtersaufen und Crowdsurfen durch das Publikum gewinnen sie auch noch die auf dem Bühnengelände verbliebenen Festivalbesucher für sich und krönen den Abschluss eines zweitägigen, aber auch anstrengenden Wochenendes.Wo sonst kriegt man so viel gute Musik geboten, die glücklicherweise nichtmal parallel sondern hintereinander spielt.

Was bleibt nach dem Omas Teich Festival? Es sind die Erinnerungen an eine kleine familiäre Veranstaltung. Man hat hier gefühlt jedem einzelnen Besucher "Hallo" gesagt. Krokodile wurden geknuddelt, Teletubbies fotografiert und Bands haben die Besucher bekocht.
Was bleibt noch zu sagen? Danke Frank, danke an alle Bands, die gespielt haben, danke an die Helfer, die so ein wunderschönes Festival überhaupt möglich machen, danke an die Veranstalter von Omas Teich und danke an die Oma, die nirgends zu sehen war für den Teich, der auch nirgends zu sehen war.

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